Der Geschäfts­füh­rer der GWDG, Prof. Dr. Ramin Yahya­pour, ist in Göt­tin­gen nicht nur so etwas wie der „Herr der Rech­ner“, in sei­nem wis­sen­schaft­li­chen Fach­ge­biet befasst er sich dar­über hin­aus mit eini­gen der wich­tigs­ten, gesell­schaft­li­chen The­men unse­rer Zeit.

Text & Fotos: Ulrich Drees

Herr Pro­fes­sor Yahya­pour, wäre es rich­tig, Sie als Infor­ma­ti­ker zu bezeich­nen? Ange­sichts der Band­brei­te von Auf­ga­ben und der Bedeu­tung der GWDG für den Wis­sen­schafts­be­trieb in Göt­tin­gen kommt mir der Begriff bei­na­he etwas kurz gegrif­fen vor.
Das wäre schon rich­tig. Ich habe Elek­tro- und Infor­ma­ti­ons­tech­nik in Dort­mund stu­diert, bin also Infor­ma­ti­ker und war auch in mei­nem wei­te­ren Berufs­le­ben immer in die­sem Bereich tätig.

Die GWDG ist das Hoch­schul­re­chen­zen­trum für die Georg-August-Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen und Rechen- und IT-Kom­pe­tenz­zen­trum für die Max-Planck-Gesell­schaft. Sie bie­tet ein brei­tes Spek­trum an Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­leis­tun­gen für die Wis­sen­schaft. Dar­über hin­aus forscht die GWDG im Bereich der prak­ti­schen und ange­wand­ten Infor­ma­tik und ist an zahl­rei­chen For­schungs­pro­jek­ten betei­ligt, bei denen die Basis für inno­va­ti­ve und kun­den­na­he IT-Lösun­gen geschaf­fen wird.
www.gwdg.de

Wann war für Sie klar, dass Sie in Ihrem heu­ti­gen Fach­ge­biet stu­die­ren möch­ten? Wäh­rend mei­ner eige­nen Jugend gab es kaum Com­pu­ter, aber die Freun­de, die spä­ter Infor­ma­ti­ker wur­den, began­nen schon sehr früh – mit zwölf oder drei­zehn Jah­ren –, sich dafür zu inter­es­sie­ren, und blie­ben dann dabei.
Genau­so war das bei mir letzt­lich auch. Als die ers­ten Com­pu­ter auf­tauch­ten, waren die noch so teu­er, dass man sie sich zu Weih­nach­ten schen­ken las­sen muss­te. Über solch einen habe ich dann mei­nen Ein­stieg gefun­den und fand es sofort hoch span­nend, zu erle­ben, was damit alles mach­bar war.
Neben ers­ten Pro­gram­mier­ver­su­chen und dem Tüf­teln mit der Hard­ware waren damals auch die ers­ten Com­pu­ter­spie­le ein wich­ti­ges The­ma. Haben Sie das auch so erlebt?
Das war bei mir ähn­lich. Wobei ich weni­ger mit der Hard­ware expe­ri­men­tier­te und höchs­tens mal klei­ne Din­ge gelö­tet habe. Aber Pro­gram­mie­ren war für mich sehr inter­es­sant, und gespielt habe ich damals auch.
Kön­nen Sie sich an Spie­le erin­nern, die Ihnen beson­de­ren Spaß gemacht haben?
Das ist lan­ge her. Ich hat­te ein Ami­ga-Sys­tem, das schon vie­le Far­ben hat­te und rela­tiv schnell war. Es gab ein Spiel, bei dem man Aste­ro­iden abschie­ßen muss­te, aber ich glau­be, dass ich mich eher mit Spie­len beschäf­tigt habe, bei denen man Rät­sel lösen oder Hin­der­nis­se über­win­den muss­te.
Wie war das in der Schu­le, wenn man da sag­te, ich will Infor­ma­tik machen. Wur­de das schon ange­bo­ten?
Da war schon noch viel Eigen­in­itia­ti­ve gefragt. Es gab in der Grund­schu­le schon ers­te Ange­bo­te in Rich­tung Infor­ma­tik. Wenn ich mich rich­tig erin­ne­re, wur­de da ganz zu Beginn sogar auch ein wenig gespielt. Dane­ben haben wir uns mit einer ein­fa­chen Pro­gram­mier­spra­che beschäf­tigt. Aber das fand nur wäh­rend eines ein­zi­gen Schul­jah­res statt, und es war klar, dass der Leh­rer sich sein Wis­sen eher in sei­ner Frei­zeit ange­eig­net hat­te. Ich wüss­te nicht mal, wie die Com­pu­ter in die Schu­le kamen.
Ging es für Sie immer um eine aka­de­mi­sche Lauf­bahn, oder gab es auch Alter­na­ti­ven?
Zunächst war das offen. Ich hat­te schon früh einen Job als stu­den­ti­sche Hilfs­kraft, wo ich in den aka­de­mi­schen Betrieb hin­ein­schnup­pern konn­te. Die eigent­li­che Ent­schei­dung fiel eher, als es in Rich­tung Diplom­ar­beit ging, und ich bereits die Arbeit am Lehr­stuhl ken­nen­ge­lernt hat­te. Ich fand inter­es­sant, was man dort alles machen konn­te. Da ich neben­her bereits frei­be­ruf­lich eine Fir­ma für Soft­ware­ent­wick­lung gegrün­det hat­te, habe ich aber auch über die­sen Bereich nach­ge­dacht. Wäh­rend ich an mei­ner Pro­mo­ti­on arbei­te­te, kam dann die Fra­ge auf, wor­auf ich mei­nen Schwer­punkt legen soll­te.
Wor­auf beruh­te letzt­lich Ihre Ent­schei­dung?
Ich fand es ein­fach span­nend, in der Wis­sen­schaft immer wie­der mit neu­en und ande­ren The­men zu tun zu haben und rela­tiv frei aus­su­chen zu kön­nen, womit man sich beschäf­tigt. Es gibt natür­lich auch da vie­les zu berück­sich­ti­gen, aber eine Pro­fes­sur bringt schon eine pri­vi­le­gier­te Rol­le mit sich.
Also gibt es die­se Frei­heit der Wis­sen­schaft? Dass man sich kei­nen wirt­schaft­li­chen Zwän­gen unter­wer­fen muss, son­dern dort for­schen kann, wo man es für rich­tig befin­det?
Man hat schon vie­le Frei­hei­ten. Aber natür­lich ist es trotz­dem wich­tig, The­men zu fin­den, für die man auch Mit­tel ein­wer­ben kann. Und wel­che das sind, das wird nicht an den Uni­ver­si­tä­ten ent­schie­den. Aktu­ell wird in Deutsch­land bei­spiels­wei­se viel in künst­li­che Intel­li­genz inves­tiert. Die Bun­des­re­gie­rung för­dert die­sen Schwer­punkt mit Nach­druck. Des­halb kann man aktu­ell recht leicht in die­sem Bereich for­schen. Das ist schon ein Unter­schied zur Arbeit in einem Unter­neh­men, wo jemand über einem steht und sagt, wir ent­wi­ckeln jetzt Pro­jekt X, und das muss man dann so leis­ten. Das ist in der Wis­sen­schaft schon noch anders.
Wenn Sie einem Kind begeg­nen wür­den, das Sie fragt, was Sie in Ihrem Beruf machen, wie erklä­ren Sie dem das?
Ich wür­de es dar­auf anspre­chen, dass es ja in der digi­ta­len Welt auf­wächst. Alle nut­zen Smart­phones und Diens­te von Twit­ter über Goog­le bis Ama­zon. Und damit das funk­tio­niert, müs­sen wir in der Lage sein, mit sehr gro­ßen Daten­men­gen umzu­ge­hen. Dar­an arbei­te ich. Ganz beson­ders inter­es­siert mich dabei, Algo­rith­men und Infra­struk­tu­ren für „Künst­li­che Intel­li­genz“ zu ent­wi­ckeln. Da for­sche ich.

In unse­rer extrem digi­ta­li­sier­ten Welt gibt es einer­seits Men­schen, die wis­sen, wie all das funk­tio­niert, damit umge­hen kön­nen und es sogar wei­ter­ent­wi­ckeln – und die Mas­se der eher ahnungs­lo­sen Anwen­der. Den­ken die Men­schen, mit denen Sie beruf­lich zu tun haben, also die Fach­leu­te für die Digi­ta­li­sie­rung, dar­über nach, wie sie den ande­ren ihr Wis­sen anwend­bar machen kön­nen, oder spielt das kei­ne zen­tra­le Rol­le?
Das ist natür­lich der Fall, schon weil die Digi­ta­li­sie­rung für uns als Uni­ver­si­tät selbst genau­so wie für alle Hoch­schu­len eine gro­ße Her­aus­for­de­rung ist. Sie lie­fert neue Metho­den, neue Mög­lich­kei­ten, die zwar die bestehen­den nicht unbe­dingt erset­zen, aber in jedem Fall ergän­zen. Wer nun die­se neu­en Metho­den nicht nut­zen kann, für den sind bestimm­te For­schun­gen kaum noch denk­bar oder min­des­tens sehr schwie­rig durch­zu­füh­ren. Also muss man sich mit die­sen Metho­den beschäf­ti­gen, und dabei gibt es eben Exper­ten, die die­se im Detail ken­nen und sol­che Metho­den ent­wi­ckeln kön­nen. Gleich­zei­tig haben wir hier auf dem Cam­pus sehr vie­le Dis­zi­pli­nen, die mit die­sen Metho­den umge­hen wol­len, um auf ent­spre­chen­dem Niveau zu for­schen. Doch wie bekommt man hier die Ver­bin­dung hin von den Exper­ten, die die­se neu­en Metho­den ent­wi­ckeln und sehr inten­siv in die Tech­no­lo­gien ein­drin­gen, aber die­se dann eben auch den Wis­sen­schaft­lern in den ent­spre­chen­den Anwen­der­dis­zi­pli­nen ver­füg­bar machen? Es kann ja nicht sein, dass unse­re Wis­sen­schaft­ler, sei es in der Medi­zin, den Geis­tes­wis­sen­schaf­ten oder den Agrar­wis­sen­schaf­ten, am Ende zwar wahr­neh­men, dass jetzt über­all mit gro­ßen Daten­men­gen und künst­li­cher Intel­li­genz geforscht wird, aber ihnen die Mög­lich­keit fehlt, an das Know­how, die Infra­struk­tur, die Metho­den und die Lösun­gen zu gelan­gen, die man genau dafür eigent­lich bräuch­te.
Gibt es in den ein­zel­nen Fach­rich­tun­gen Unter­schie­de in der Bereit­schaft, sich mit die­sen neu­en Metho­den aus­ein­an­der­zu­set­zen, oder ist das immer vom indi­vi­du­el­len For­scher abhän­gig?
Es gibt schon grö­ße­re Unter­schie­de. Man­che neh­men sehr ana­ly­tisch wahr: „Das ist eine Tech­no­lo­gie, die ich brau­che, die nütz­lich ist und die ich schnell ein­set­zen möch­te, genau­so wie ich mich zum Bei­spiel mit einer neu­en Art von Mikro­skop beschäf­ti­ge und es dann auch ein­set­zen möch­te.“ Für die geht es ein­fach um eine logi­sche Wei­ter­ent­wick­lung ihrer For­schun­gen. Dann gibt es Dis­zi­pli­nen und Grup­pen, die die­se neu­en Metho­den als Bedro­hung wahr­neh­men und das Gefühl haben, dass ihre bis­he­ri­ge Her­an­ge­hens­wei­se von die­sen moder­nen Tech­no­lo­gien abge­löst wird. Das ist zwar in den meis­ten Fäl­len nicht der Fall, aber man merkt schon, dass ent­spre­chen­de Sor­gen zu Gegen­re­ak­tio­nen füh­ren und es einen sehr kri­ti­schen Umgang mit sol­chen Tech­no­lo­gien gibt, weil man sie angeb­lich nicht brau­che oder die damit mög­li­che For­schung gar nicht benö­tigt wer­de. Bei den Geis­tes­wis­sen­schaf­ten kann man das gut sehen. Es gibt Berei­che in der Geis­tes­wis­sen­schaft, die sind sehr inter­es­siert an den digi­ta­len Metho­den und beschäf­ti­gen sich inten­siv damit. Dann gibt es Geis­tes­wis­sen­schaft­ler, die sehr kri­tisch mit dem The­ma umgehen.Sie sehen den wis­sen­schaft­li­chen Wert in der eige­nen Inter­pre­ta­ti­on von Daten und nicht in der tech­ni­schen Ana­ly­se von Tex­ten oder Bil­dern. Womit sie ja auch recht haben; aber aus mei­ner Sicht kön­nen die­se Berei­che gut koexis­tie­ren. Ich glau­be, dass ihre Arbeit nicht unwich­ti­ger wird, weil plötz­lich neue Metho­den ver­füg­bar sind.
Sie sind durch Ihre Tätig­keit ganz direkt in den gesell­schaft­li­chen Dis­kurs über die Digi­ta­li­sie­rung ein­ge­bun­den, die eben­so vie­le Ängs­te und Vor­be­hal­te aus­löst wie sie befür­wor­tet wird. Wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?
Das ist natür­lich ein The­ma, das uns alle beschäf­tigt. Es ist ja nicht so, dass Infor­ma­ti­ker unkri­tisch mit sol­chen The­men umge­hen, und ich glau­be, dass Uni­ver­si­tä­ten auch die Auf­ga­be und die Rol­le haben, so etwas zu dis­ku­tie­ren. Wenn nicht wir, wer sonst soll­te es tun? Denn wir kön­nen uns The­men­fel­der wie Digi­ta­li­sie­rung in all ihren Facet­ten anse­hen. Was macht das mit der Arbeits­welt? Was macht das mit der Gesell­schaft? Wie neh­men wir ange­sichts der „Fake-News“-Thematik künf­tig Infor­ma­tio­nen wahr? Wie ver­än­dert es uns, wenn wir immer nur Infor­ma­tio­nen bekom­men, die direkt auf unse­re Inter­es­sen und Mei­nun­gen zuge­schnit­ten sind? Das alles muss dis­ku­tiert wer­den. Gleich­zei­tig kann man die Digi­ta­li­sie­rung ja nicht auf­hal­ten. Sie ist da und wird sich wei­ter­ent­wi­ckeln, und das wird nicht davon abhän­gen, ob wir das jetzt beson­ders kri­tisch sehen. Des­halb müs­sen wir die­se The­men fächer­über­grei­fend dis­ku­tie­ren, ana­ly­sie­ren und, wo nötig, Lösungs­an­sät­ze auf­zei­gen, wie man mit Pro­ble­men umge­hen kann.
Sie haben künst­li­che Intel­li­genz erwähnt. In der Öffent­lich­keit ent­steht manch­mal der Ein­druck, dass man sich in Deutsch­land eben erst die­sem The­ma zu wid­men beginnt. Ist das rich­tig?
Das The­ma ist nicht neu und im wis­sen­schaft­li­chen Bereich pas­siert da schon rela­tiv viel. Wo Deutsch­land aller­dings schlecht auf­ge­stellt ist – und das gilt auch für vie­le ande­re Berei­che –, ist die Umset­zung wis­sen­schaft­li­cher Ergeb­nis­se in ech­te Lösun­gen und Pro­duk­te. Man­ches liegt hier an unse­rem manch­mal beson­ders kri­ti­schen Umgang mit bestimm­ten The­men. Wenn man sich ein­mal über­legt, wie ein­fach es ist, in den USA selbst­fah­ren­de Autos auf die Stra­ße zu set­zen, das ist bei uns sehr viel schwie­ri­ger, unter ande­rem auf­grund einer schwer­fäl­li­gen Büro­kra­tie.
Zu einer aka­de­mi­schen Kar­rie­re gehö­ren heu­te meist auch Umzü­ge von einer Uni­ver­si­tät oder Hoch­schu­le zu einer ande­ren. Wie war das bei Ihnen, und zie­hen Sie ger­ne um?
Ich bin nicht oft umge­zo­gen. Es erfor­dert schon eine gewis­se Initial­ener­gie, um von einem Stand­ort, mit dem man sich iden­ti­fi­ziert und an dem man ein Umfeld auf­ge­baut und Freun­de gefun­den hat, fort­zu­zie­hen. Mein Wech­sel nach Göt­tin­gen 2011 war für mich eine gro­ße Ver­än­de­rung, da ich aus einer viel grö­ße­ren Stadt kom­me und mich auch als Groß­stadt­mensch sehe. Da kam mir Göt­tin­gen erst ein­mal als Gegen­pol vor, aber ich bin letzt­lich selbst über­rascht, wie gut es mir hier gefällt.

Wor­an liegt das?
Da ist die­ser Fokus auf die Wis­sen­schaft. Alle Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen sind sehr zugäng­lich, was eine Zusam­men­ar­beit sehr viel leich­ter wer­den lässt, als man das an ande­ren Stand­or­ten erlebt. Ab einer gewis­sen Grö­ße einer Stadt oder Uni­ver­si­tät ist dies anders­wo häu­fig wesent­lich schwie­ri­ger. Die­ser „Göt­tin­gen Spi­rit“, von dem viel­fach die Rede ist: da ist schon was dran.
Was wür­den Sie Ihren Stu­die­ren­den raten, wor­auf Sie in Ihrem Stu­di­um Wert legen soll­ten?
Viel­leicht, dass Sie auch außer­halb ihres pri­mä­ren Faches neben­bei Vor­le­sun­gen und Ver­an­stal­tun­gen in ande­ren Berei­chen besu­chen soll­ten. Gera­de in Göt­tin­gen gibt es eine Men­ge Ange­bo­te. Ich habe hier den Ein­druck, dass das nicht in dem Maße genutzt wird, wie es eigent­lich mög­lich wäre.
In Ihrem Fach­be­reich – wie sieht es da mit Unter­neh­mens­grün­dun­gen sei­tens Stu­die­ren­der aus?
Das pas­siert deutsch­land­weit viel zu wenig. Wenn man sich in den USA in der Nähe von San Fran­cis­co mit Stu­die­ren­den unter­hält, dann wol­len alle das nächs­te Goog­le grün­den, reich wer­den und etwas ganz Neu­es auf­bau­en. Dafür pro­biert man ger­ne etwas aus und nimmt auch einen Rück­schlag in Kauf. Wenn man sich unse­re Stu­die­ren­den anschaut, wol­len vie­le am Ende einen siche­ren Job haben und sich ein Haus leis­ten. Hier sind die Ambi­tio­nen anders.
Wäre hier eine ande­re Men­ta­li­tät wich­tig?
Es wäre sicher gut, wenn wir mehr Inno­va­tio­nen in Lösun­gen, in Pro­duk­te und schließ­lich in erfolg­rei­che Unter­neh­men über­füh­ren wür­den. Die gro­ßen Fir­men, die heu­te den Markt domi­nie­ren, stam­men, abge­se­hen von der Auto­mo­bil­in­dus­trie, sel­ten aus Deutsch­land. Das ist natür­lich gefähr­lich für unse­ren Stand­ort.
Wie sehen Sie das The­ma künst­li­che Intel­li­genz? Lässt sich da heu­te schon abschät­zen, was noch alles mög­lich sein wird?
Aktu­ell sind wir in einer Pha­se, in der zu vie­le Erwar­tun­gen an die künst­li­che Intel­li­genz gehegt wer­den. Wir wer­den eher über­rascht sein, was alles nicht geht. Gleich­zei­tig wird noch immer viel­fach total unter­schätzt, wel­che Mög­lich­kei­ten sich erge­ben. Schon heu­te kön­nen vie­le Din­ge, die frü­her nur von Men­schen zu bewäl­ti­gen waren, von Algo­rith­men sehr gut erfasst wer­den. Übri­gens mag ich den Begriff künst­li­che Intel­li­genz über­haupt nicht. Wir ver­mei­den den in Göt­tin­gen, wenn es um Digi­ta­li­sie­rung und Zukunfts­pla­nung geht, son­dern spre­chen von Daten­wis­sen­schaf­ten oder Data Sci­ence. Das ist ein brei­te­rer Begriff, der mehr Facet­ten abdeckt als die rei­ne künst­li­che Intel­li­genz. Dar­in steckt ja immer auch gleich die­ser Kon­flikt, ob es wirk­lich mit Intel­li­genz gleich­zu­set­zen ist, wenn Algo­rith­men bestimm­te Din­ge gut kön­nen. Da die Poli­tik im Moment so deut­lich auf künst­li­che Intel­li­genz setzt, ist das aber das gän­gi­ge Schlag­wort.
Wenn man als Laie an die GWDG denkt, dann hat man die­ses Bild von „Super-Rech­nern“, die in schwar­zen Käs­ten auf­ge­reiht eine gewal­ti­ge Rechen­leis­tung erbrin­gen. Wor­an den­ken Sie, wenn Sie an die GWDG den­ken?
Für mich sind die Mit­ar­bei­ter die eigent­li­che Stär­ke. Denn ohne sie wäre es nicht mög­lich, die gan­zen neu­en Tech­no­lo­gien in den schwar­zen Käs­ten so inno­va­tiv ein­zu­set­zen und wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, dass sich die GWDG gegen­über den gro­ßen Dienst­leis­tern, wie Ama­zon oder Goog­le, die das von der Stan­ge anbie­ten, erfolg­reich abgren­zen kann. Das geht nur, weil unse­re Mit­ar­bei­ter das kön­nen und auch ein Inter­es­se dar­an haben.
Wie teilt sich Ihre Arbeit ange­sichts Ihrer zahl­rei­chen Funk­tio­nen auf?
Mei­ne eige­ne For­schung muss lei­der meis­tens zurück­ste­cken. Ich habe jedoch eine gro­ße Grup­pe mit sehr guten Kol­le­gen und Kol­le­gin­nen, die sol­che The­men auch ohne mich vor­an­trei­ben kön­nen. Da bin ich eher Wis­sen­schafts­ma­na­ger, als dass ich selbst for­schen kann. Trotz­dem ach­te ich dar­auf, in dem mir mög­li­chen Maße wei­ter aktiv zu blei­ben. Die Ent­wick­lung des Cam­pus, die natio­na­le und inter­na­tio­na­le Posi­tio­nie­rung des Stand­or­tes, die Lei­tung und Wei­ter­ent­wick­lung der GWDG, all das nimmt jedoch schon den größ­ten Teil mei­ner Zeit in Anspruch.
Sind Sie so etwas wie der obers­te Sys­tem­ad­mi­nis­tra­tor der Uni­ver­si­tät und damit auch Ansprech­part­ner für jeden, bei dem mal etwas nicht funk­tio­niert?
Als Lei­ter einer zen­tra­len Ein­rich­tung, gera­de wenn es um IT geht, ist man natür­lich immer schuld. Man kriegt ja kein Lob dafür, dass Din­ge gut funk­tio­nie­ren, son­dern nur Rück­mel­dun­gen, wenn Sachen nicht funk­tio­nie­ren, und die lan­den natür­lich letzt­lich auf mei­nem Tisch. Aber das ist ja auch rich­tig so.
Ist bei Ihnen zu Hau­se ange­sichts Ihres Beru­fes alles digi­ta­li­siert?
Einen so gro­ßen Unter­schied zu ande­ren Haus­hal­ten gibt es, glau­be ich, nicht. Aber ich bin schon ein Spiel­kind und kau­fe mir gern diver­se Gad­gets, weil ich das ein­fach inter­es­sant fin­de. Gera­de wenn ich als Infor­ma­ti­ker vor Stu­die­ren­den ste­he und eine Vor­le­sung hal­te, muss ich in sol­chen Berei­chen auf der Höhe der Zeit sein. Da kann ich nicht rein theo­re­tisch von Din­gen erzäh­len, wäh­rend die Stu­die­ren­den die schon längst als Tei­le ihrer Welt ken­nen.
Womit beschäf­ti­gen Sie sich in Ihrer Frei­zeit?
Ich koche ger­ne. Und wie vie­le Män­ner zele­brie­re ich das Gril­len.

Ramin Yahya­pour
Seit Okto­ber 2011 ist der 47-jäh­ri­ge Pro­fes­sor Dr. Ramin Yahya­pour Geschäfts­füh­rer der GWDG, zeit­gleich wur­de er als ordent­li­cher Pro­fes­sor für Prak­ti­sche Infor­ma­tik an die Georg-August-Unver­si­tät Göt­tin­gen beru­fen. Am 01. April 2014 über­nahm er die Posi­ti­on des gemein­sa­men Chief Infor­ma­ti­on Offi­cer (CIO) der Stif­tung der Uni­ver­si­tät (UNI) und der Uni­ver­si­täts­me­di­zin (UMG). Prof. Yahya­pour pro­mo­vier­te im Fach Elek­tro­tech­nik. Sei­ne For­schungs­schwer­punk­te lie­gen in den Berei­chen Res­sour­cen­ma­nage­ment sowie deren Anwen­dung in Ser­vice-ori­en­tier­ten Infra­struk­tu­ren, Cloud-Com­pu­ting und Daten­ma­nage­ment.