Carl Graf von Hardenberg junior berichtet im Interview von den Herausforderungen und Chancen dieser Zeit, dem Generationenwechsel im traditionellen Familienunternehmen und seinen innovativen Zukunftsplänen. Der Graf lädt unsere Leser ein auf eine Reise ins „Keilerland“. Der Hardenberg in Nörten-Hardenberg bietet ein anspruchsvolles Freizeit- und Tourismus-Programm, und Spirituosen-Liebhaber können sich auf Genussmomente freuen.

Interview: Gina Maria Kerger | Fotos: Der Hardenberg, Hardenberg Distillery, Golf Club Hardenberg

Carl Graf von Hardenberg junior, Sie übernehmen immer mehr Verantwortung, die Hardenberg Distillery läuft unter Ihrer Handschrift, und das Gefühl eines Generationenwechsels auf dem Hardenberg macht sich breit. Können Sie Ihren aktuellen Geschäftsbereich und Ihre Position im Familienunternehmen kurz schildern?
Nicht nur als Familienvater erwarten meine Frau und ich aktuell ein Kind. Mein berufliches Baby ist die neu errichtete Hardenberg Distillery mit ihren spannenden Neuprodukten im Spirituosen-Premiumbereich. Vor 300 Jahren gründete meine Familie die Brennerei als Gräflich von Hardenberg’sche Kornbrennerei. 2019 wurde daraus die Hardenberg Distillery, durch die nicht nur ein wichtiger Teil der Produktion aufgelebt und weiterentwickelt wurde. Auch meine Heimat – der Hardenberg als Standort – bekommt einen völlig neuen Charakter als Erlebniswelt. Sobald die Corona-Auflagen gelockert werden, können Besucher nicht nur im KeilerLaden unser Spirituosen-Sortiment erwerben, sondern auch durch Führungen und Workshops unsere neu errichtete Produktion in der Brennerei hautnah erleben. Aktuell arbeiten mein Team und ich an einigen neuen Events und weiteren Attraktionen auf dem Hardenberg, die einladen sollen, den Urlaub einfach auch mal hier zu verbringen. In der Hardenberg-Wilthen AG kümmere ich mich um die Exporte und den Bereich Research & Development. Natürlich versuche ich, mich in die weiteren Geschäftsfelder ebenfalls einzubringen, wenn die Zeit das zulässt. Spannende und erfüllende Aufgaben, die Tag für Tag sehr viel Einsatz einfordern.

Kann man von einer Staffelstab-Übergabe Ihres Vaters an Sie sprechen, oder stimmen Sie das geschäftliche Vorgehen weiterhin gemeinsam ab?
Wir sind eine Familie. Seine Erfahrung und Kompetenz sind eine enorme Unterstützung, entsprechend eng arbeiten wir zusammen. Was nach außen nach Staffelstabübergabe aussieht, ist im echten Leben ein tägliches Miteinander, viel Austausch und gemeinsames Entscheiden. Denn unser Leitbild „Innovation aus Tradition“ bedeutet eben auch, dass wir unsere Wurzeln nicht vergessen, unsere Kultur pflegen und gemeinsam an Visionen für das Unternehmen arbeiten.

Welchen Ratschlag für Ihre wachsende Position innerhalb des Familienunternehmens hat Ihnen Ihr Vater gegeben, den Sie beherzigen möchten?
Da gibt es sicher nicht nur einen einzigen. Mein Vater zeigt mir quasi täglich, was Kultur bedeutet und wie diese ein Unternehmen prägt. Und fleißig muss man sein. Das ist sicher eine der wichtigsten Tugenden, die mich mein Vater gelehrt hat. Mit Fleiß, Offenheit und Flexibilität lässt sich vieles erreichen.

Sie haben als Familie von Hardenberg viele verschiedene Geschäftsfelder: Spirituosen, Hotels, Restaurants, Golfclub, Landwirtschaft. Wie würden Sie Ihren Fokus beschreiben, wo liegen aktuell die größten Herausforderungen und Chancen?
Was alle Geschäftsfelder eint, sind die regionale Verantwortung als Unternehmer, die wir mit Leidenschaft wahrnehmen, und die geschmackvollen wie emotionalen Erlebnisse, die wir schaffen. Man kann uns mit allen Sinnen genießen und erleben. Wir wahren Traditionen, sind aber alles andere als traditionell. Alles ist miteinander verbunden, dies kann man gerade bei der Spirituose sehen: Eigener Anbau der Rohstoffe, eigene Produktion, die man besuchen kann, die Spirituose im Handel kaufen und natürlich in den eigenen Gastronomien genießen.

Sie sind angetreten, das Erbe von neun Generationen fortzuführen – wo wollen Sie persönliche Akzente für die zukünftige Ausrichtung setzen?
Meiner Meinung nach ist innovatives Denken das A und O für beständige Relevanz. Wir leben daher nicht in der Vergangenheit und wollen das Unternehmen auch weiter voranbringen. Mir persönlich liegen besonders die Regionalität und damit auch die Landwirtschaft am Herzen. Mit der Hardenberg Distillery und den entsprechenden Produkten, die „Vom Feld ins Glas“ hergestellt werden, haben wir schon Akzente gesetzt. Hier ist es mir ein Anliegen, die Qualität der deutschen Produkte in den Fokus zu rücken und den Konsumenten dazu zu bringen, sich auf regionale Produzenten (aus allen Bereichen) zu besinnen, auch im Sinne der Nachhaltigkeit.

Die Landwirtschaft als Herzensprojekt – welchen Stellenwert haben Ihre eigenen Ländereien als Ursprung der verwendeten Rohstoffe? Wie wichtig sind Ihnen Transparenz und Regionalität bei der Produktion?
Unsere Brennmeister setzen ebenfalls auf „Innovation aus Tradition“ – zurück zu den Wurzeln, zurück zum urtümlichen und komplexen Geschmack. Traditionelle Herstellungsmethoden und moderne Veredelungstechniken lassen längst vergessene Facetten aufleben. Da der Großteil der Rohstoffe direkt vor Ort angebaut und verarbeitet wird, ist volle Transparenz und exzellente Qualität nicht nur möglich, sondern garantiert. Wer es genau wissen will, findet bei unserem Hardenberg Dreikorn sogar Informationen zur Erntezeit auf dem Etikett. Unser Kinetic Vodka besteht zu 100 % aus eigenem Hardenberg-Weizen, ist somit ein Single Estate Vodka mit 40 % Volumen und besitzt dabei eine grandiose Sanftheit. Rundum regional ist vor allem der Beverbach Single Malt German Whiskey. Dieser steht als deutscher Whiskey für die Fülle seiner Heimat – Weizen aus eigenem Anbau und Gerste aus der Region. Die zweifache Destillation und die drei- bis vierjährige Reifung in Bourbon- und Brandyfässern verleihen ihm ein raffiniertes Finish und feines Aromenspektrum.

Wie würden Sie Ihre Verantwortung als regionaler Familienunternehmer für Südniedersachsen während dieser Krise beschreiben?
Wir sitzen alle in einem Boot und müssen solidarisch versuchen, diese Krise zu überstehen. Insofern versuchen wir aktuell, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu helfen, wo wir können. Im Moment sind die Voraussetzungen gut, und wir nutzen die Chance, um die hiesigen Apotheken tatkräftig zu unterstützen. Im Umkreis unserer Produktionsstätten in Nörten-Hardenberg beliefern wir sämtliche örtlichen Apotheken mit Neutralalkohol zur Herstellung dringend benötigter Desinfektionsmittel. In Kooperation mit Dr. Rauwald haben wir nun ein Desinfektionsmittel herstellen können, das an regionale Einrichtungen gespendet werden soll.  Dafür haben wir als Hardenberg Distillery 1000 Liter Naturalkohol zur Verfügung gestellt, und die Herstellung und Abfüllung des Desinfektionsmittels hat Dr. Rauwald übernommen. Wir müssen nun aber auch wieder versuchen, den Weg in eine neue Normalität zu finden und zu begleiten. Wir wollen den Menschen wieder schöne Erlebnisse ermöglichen, die einfach mal ablenken von den für uns alle so enormen Belastungen der letzten Wochen.

Apropos „Ablenkung“: Die Hardenberg Distillery und die Hardenberg-Wilthen AG befinden sich auf dem Anwesen Ihrer Familie. Das Schloss wird noch heute von Ihnen bewohnt. Lassen sich Arbeit und Privatleben trennen, wenn das Wohnen und das Arbeiten so nah beieinanderliegen?
Der Hardenberg ist seit fast 1000 Jahren der Stammsitz der Grafen von Hardenberg. Als Familie leben wir derzeit in drei Generationen im sogenannten „Neuen Schloss“ zusammen. Es ist ein wunderbarer Ort zum Leben, allerdings lassen sich wohnen und Arbeit nicht immer trennen. Das gehört wohl aber im Grunde dazu.

Welche Aufgaben übernehmen die anderen Familienmitglieder?
In Nörten-Hardenberg arbeiten viele Familienmitglieder in den verschiedensten Bereichen wie Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Spirituose, Standort und Pferdehaltung. Bei der Hardenberg-Wilthen AG alleine sind im Aufsichtsrat mein Vater Carl Graf von Hardenberg, im Vorstand Nicolaus Fehling und in der Geschäftsleitung bin ich vertreten. Genau das zeichnet ein Familienunternehmen eben auch aus. Beim Hardenberg Burgturnier sieht man es in jedem Jahr wieder, dass mein Vater, seine Geschwister und meine Familie mittendrin und ein fester Bestandteil der Organisation sind.

Neben dem Pferdesport gehört auch das Golfen zu den bevorzugten Sportarten des Adels. Das Golf Resort mit dem prominenten Keiler Grün bietet den sportlichen Part des Hardenberg Universums – spielen Sie selbst Golf?
Ja, ich spiele Golf, und unser Platz bietet sich natürlich an, dem Hobby nachzugehen, aber dafür fehlt einfach gerade die Zeit. Ich habe eine kleine Familie, und wir erwarten unser zweites Kind, dazu die Arbeit, da bleibt wenig Zeit für den Golfschläger. Aber man kann dort schöne Stunden verbringen.

Sie freuen sich nun auf Ihr zweites Kind. Wie würden Sie Ihren Kindern später erklären, welche Werte und Leitgedanken Sie heute als Unternehmer verfolgen?
Als Familienunternehmen haben wir eine Seele, wir sind uns der Verantwortung gegenüber unserer Vergangenheit, Gegenwart und auch Zukunft bewusst. Dabei zeichnen uns vor allem auch die Nähe zur Region und den Produkten sowie die Menschlichkeit aus, die in großen Unternehmen oftmals fehlen kann. Mit unserer mehr als 300-jährigen Erfahrung und Expertise folgen wir damit auch einer gemeinsamen Vision, die uns immer wieder zusammenführt und auf die Produkte besinnen lässt. Wir sind der Tradition verpflichtet, und wenn wir unser Erbe, unsere Kultur, unsere Landschaft und ihre ureigene Identität bewahren wollen, müssen wir das mit Bedacht und vor allem gemeinsam tun, anstatt unter hohem Druck viele Dinge auf einmal erledigen zu wollen. Unser Familienunternehmen soll ebenso für alle nachfolgenden Generationen – also auch meine Kinder – gesund und nachhaltig wachsen.

Und zu guter Letzt bitte ein Geheimtipp – was ist Ihr persönlicher Lieblingsdrink?
„Pint of beer with a whiskey on ice“ – eine Kombi mit Ecken und Kanten.

Herzensprojekt

Carl Graf von Hardenberg junior hatte die Idee, einen Gin mit regionalem Bezug zu kreieren. Albrecht von Haller war ein berühmter Physiker, Botaniker und Poet in der Region. Aus dem Botanischen Garten in Göttingen stammen die Kräuter für den Von Hallers Gin.

Der Hardenberg Korn mit Wurzeln zur Tradition des Großvaters Carl Graf von Hardenberg.

Über 300-jährige Brenntradition in Nörten-Hardenberg. Die Hardenberg Distillery kann man in Aktion erleben. Bei Führungen und Tastings erfahren Besucher alles über die Arbeit einer modernen handwerklichen Brennerei. Das Highlight: Der Anblick der glänzenden Kupferkessel und meterhoch gestapelten Whiskey-Fässer.

In 200 Liter Fässern lagert der Beverbach Single Malt German Whiskey. Bei Tasting Workshops kann man die unterschiedlichen Reifegrade probieren.

Genussmomente: Das Barkeeper Team der Herbarium Bar des Freigeist Hotels in Göttingen Yannick Bertram und Maxim Mirkin beim Tasting des Beverbach Whiskey & Coffee Liqueur aus der Hardenberg Distillery.

Der Pferde-Turnierplatz, auf dem das jährliche Burgturnier ausgetragen wird, liegt am Fuße des Hardenbergs. Neben der Produktion in der Distillery gibt es hier viel zu entdecken: Die Burg-Ruine, die Wälder, der Schlosspark. Dieses Jahr noch soll das Besucherzentrum eröffnet werden und lädt ein, den ganzen Tag mit der Familie auf dem Hardenverg zu verbringen.

Das GolfResort verfügt über zwei 18-Loch-Meisterschaftsplätze und einen 6-Loch-Public-Course, der auch ohne Platzreife bespielbar ist. Hingucker: Inselgrün in Form des Keilerkopfes.

Das GolfResort verfügt über zwei 18-Loch-Meisterschaftsplätze und einen 6-Loch-Public-Course, der auch ohne Platzreife bespielbar ist. Hingucker: Inselgrün in Form des Keilerkopfes.