Prof. Dr. med. Lorenz Trümper, Prof. Dr. med. G. Wulf, Dr. med. Tobias Overbeck, Prof. Dr. med. Björn Chapuy
Arbeitsgruppen rund um Prof. Dr. med. Gerald Wulf, Prof. Dr. med. Björn Chapuy und Dr. Tobias Overbeck forschen an der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie international vernetzt nach neuen Wegen im Kampf gegen den Krebs.
Text: Ulrich Drees | Fotos: Mandy Sasse, UMG
Leider nimmt nach wie vor die Zahl der Krebserkrankungen in Deutschland weiterhin zu, nicht zuletzt wegen der zunehmend älteren Bevölkerung. Zwar steigen gleichzeitig auch die Überlebenschancen mit der Diagnose Krebs in den letzten Jahrzehnten stetig, aber dennoch versterben jährlich 250.000 Menschen an Krebs. Im Fokus des Nationalen Krebsplans „Dekade gegen Krebs“ stehen deshalb Prävention, bessere Betreuung und vor allem neue, effektivere und nebenwirkungsärmere Therapien. An der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie im UniversitätsKrebszentrum Göttingen, einem von 15 onkologischen Spitzenzentren der Deutschen Krebshilfe, wird seit mehr als 20 Jahren unter der Leitung von Prof. Dr. Lorenz Trümper an neuen Diagnose- und Behandlungsformen geforscht. 2020 wurde die Klinik im Newsweek Ranking zu den 200 besten Krebskliniken weltweit gezählt. Am Beispiel aktueller Forschungen zum Lungenkrebs – einer bis vor wenigen Jahren in fortgeschrittenen Stadien häufig tödlichen Erkrankung – zeigt sich, dass moderne molekulare Diagnosemethoden, die ein besseres Verständnis der molekularen Veränderungen in Tumoren ermöglichen, und immuntherapeutische Ansätze zu deutlichen Verbesserungen in den Behandlungsergebnissen führen. Ärzte und Forscher an der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie sind in Forschung und Therapie aktiv, um den Kampf gegen den Krebs voranzutreiben.
Dr. med. Tobias Overbeck
Innovative Lungenkrebs-Behandlung
Als Leiter der Medizinischen Onkologie, der Ambulanten Onkologie und IKO ist Dr. med. Tobias Overbeck an der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie und am Lungentumorzentrum der Universität Göttingen in umfangreiche Forschungsarbeiten zu neuen molekularen Veränderungen (sog. Targets) von Tumoren eingebunden. Im Rahmen klinischer Studien erhalten Patienten dabei Zugang zu neuen maßgeschneiderten Therapien. Die individuelle Diagnostik und das „Next Generation Sequencing“ der modernen Molekularpathologie erlauben den Blick in das fehlerhafte Genom der Tumorzellen. Diese Analyse ermöglicht den erfolgreichen Einsatz neuester, meist auf Tabletten basierender Therapien, die sich gezielt gegen die fehlerhaft aktivierten Prozesse in den Tumorzellen richten, bei etwa einem Viertel der Patienten mit einem metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Diese gezielte Tumorbehandlung verbessert mehr noch als die klassische Chemotherapie sowohl die Lebensqualität als auch die Lebenszeit der Patienten. Bei einem Drittel der Patienten mit einem metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkrebs und dem Nachweis eines bestimmten Oberflächenproteins auf den Tumorzellen kann eine Immuntherapie mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren eingesetzt werden. Ziel der Immuntherapie ist es, durch Gabe bestimmter Antikörper das gebremste Immunsystem des Patienten zu aktivieren und auf die Bekämpfung der Tumorzellen auszurichten. Diese Behandlung wird bei einer geringeren Ausprägung des Oberflächenproteins mit einer zusätzlichen Chemotherapie kombiniert. Insgesamt führt der Immuneffekt dieser Behandlung bei Patienten zu einer sehr viel längeren Krankheitsstabilisierung, als dies zuvor möglich war.
Weitere Information: Telefon: 05 51 / 39-1 05 21 oder -89 43
gccc.umg.eu/lungentumorzentrum
Prof. Dr. med. Björn Chapuy
Von risiko-adaptierter zu biologisch-informierter Lymphomtherapie
Innerhalb der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Björn Chapuy mit der Entwicklung neuer, auf den Patienten maßgeschneiderter Therapieansätze gegen schnell wachsende Lymphome. Die Gruppe ist sowohl national als auch international sehr gut vernetzt und konnte Forscher aus verschiedensten Nationen der Welt nach Göttingen anwerben. Durch den Einsatz von Hochdurchsatzverfahren, wie genomweiter Sequenzierungen, gelang es Prof. Chapuy jüngst, die Einteilung des häufigsten aggressiven Lymphdrüsenkrebses, des diffus-großzelligen B-Zell Lymphoms (DLBCL), deutlich zu verfeinern. Unter dem Mikroskop gleich erscheinende Lymphome lassen sich nun in fünf genetisch-definierte Gruppen mit jeweils unterschiedlicher molekularer Zusammensetzung und Prognose einteilen, woraus sich Rationalen für neue Kombinationstherapien ergeben. Beispielsweise zeigten präklinische Modelle im Labor, dass eine dieser DLBCL-Subgruppen durch den Einsatz von zwei zielgerichteten Therapien auch ohne den Einsatz klassischer Chemotherapeutika behandelbar ist. Gegenwärtig arbeitet die Gruppe mittels genomweiter Vulnerabilitätsscreens an der Entwicklung spezifischer Therapiemöglichkeiten für die neu identifizierten DLBCL-Subtypen.
Neben einem Projekt zum besseren, molekularen Verständnis bei der Erstdiagnose leitet Prof. Chapuy weitere Forschungsprojekte, die sich mit den Mechanismen von Therapieresistenz und der Evolution des Tumorgenoms befassen. Zusätzliche Forschungsaktivitäten zielen darüber hinaus darauf ab, bei speziellen Lymphomen neue Möglichkeiten der Therapiesteuerung unter Verwendung von Liquid Biopsy in die klinische Anwendung zu bringen. Langfristiges Ziel ist es, die an das klinische Risiko angepassten Therapien durch eine Präzisionsonkologie abzulösen, die auf die zugrunde liegende Biologie des Patienten ausgerichtet ist.
Weitere Informationen: bjoern.chapuy@med.uni-goettingen.de
haematologie-onkologie.umg.eu/forschung/arbeitsgruppen/ag-chapuy
Die AG-Mitglieder: Prof. Dr. med. G. Wulf, Dr. med. J. Hasenkamp, Dr. med. W. Jung, H. Boyadzhiev, Dr. rer. nat. J. Thomson, A. Warnecke (leitende Koordinatorin), K. Streicher (Koordinatorin), M. Degirmenci (Koordinatorin)
CAR-T Zellen im Kampf gegen Lymphome
Zu den wichtigsten Fortschritten in der zellulären Therapie gehörten in den letzten Jahren die CAR-T-Zellen (chimäre Antigenrezeptor-T-Zellen), die das Immunsystem des Patienten aktivieren und fokussiert nutzen. Eine von Prof. Dr. med. Gerald Wulf geleitete klinische Arbeitsgruppe der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie an der UMG widmet sich dem Thema Immuntherapie seit nunmehr 20 Jahren. In dieser Zeit haben die Experten mit ihrer Forschung und vor allem mit klinischen Studien maßgeblich zu den an der UMG erzielten Erfolgen der Immuntherapie von Krebs –speziell den malignen Lymphomen – beigetragen. Zunächst ging es dabei um den Einsatz von monoklonalen Antikörpern, der heute als humorale Immuntherapie fester Bestandteil der multimodalen Krebstherapie geworden ist, bevor die zelluläre Immuntherapie zunehmend in den Vordergrund rückte. Ausgehend von der Stammzell-Transplantation, bei der ein neu aufgebautes Immunsystem den Tumor an seiner „Achillesferse“ erkennen und eliminieren kann, fokussiert die zelluläre CAR-T Technologie die Aktivität der körpereigenen Immunzellen („Kämpferzellen“) so exakt auf die Tumorzellen, dass dabei ansonsten mögliche unerwünschte Gewebeschädigungen vermieden werden. Dieser Ansatz hat sich bei bestimmten Formen von Lymphomen („Lymphdrüsenkrebs“) und einigen Formen akuter Leukämie als erfolgreich erwiesen. “Das Prinzip der CAR-T Zelltherapie”, so Prof. Wulf, “wird sich in Zukunft auch gegen andere Formen von Krebs richten lassen. Wir stehen hier aber erst am Anfang einer Entwicklung.” Diese Entwicklung ist noch von vielen Fragen geprägt, deren Beantwortung sich die Arbeitsgruppe nun in eigenen und multizentrischen klinischen Studien und in enger Vernetzung mit Forschungseinrichtungen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zuwendet.
Weitere Informationen: Telefon: 05 51 / 39-6 63 03
haematologie-onkologie.umg.eu
Prof. Dr. med. Lorenz Trümper
Direktor der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie
Universitätsmedizin Göttingen
Klinik für Hämatologie und
Medizinische Onkologie
Georg-August-Universität
Robert-Koch-Straße 40
37075 Göttingen
Telefon: 05 51 / 39-6 20 50
haematologie.onkologie@med.uni-goettingen.de
haematologie-onkologie.umg.eu