Vom Campus, zum Quartier, zum Biotop – während einer Rundfahrt sprach der Sartorius-Vorstandsvorsitzende Joachim Kreuzburg mit dem Charakter-Chefredakteur Ulrich Drees über seine Sicht auf Göttingen, Verantwortung und Privilegien.
Interview: Ulrich Drees | Fotos: Stephan Beuermann
Herr Kreuzburg, Sie sind auf dem Land in der Nähe von Höxter aufgewachsen. Wenn man Sie mit fünf Jahren gefragt hätte, was Sie einmal werden wollen, was hätten Sie geantwortet?
Wenn ich mich richtig erinnere, wollte ich Rallye-Monte-Carlo-Fahrer werden.
Ein rasanter Berufswunsch. Haben Sie deshalb später Maschinenbau studiert?
Meine Überlegung war zumindest, in die Automobilindustrie zu gehen. Bei einem wirklich spannenden Praktikum bei Mercedes, damals noch Daimler-Benz, wurde mir jedoch klar, dass mir diese Arbeit zu kleinteilig war. Mich eine ganze Woche lang zum Beispiel mit einem Auspuffkrümmer zu beschäftigen, war mir einfach zu spezialisiert. Damals merkte ich, dass mich die übergreifenden Themenstellungen viel mehr interessierten.
Sie sind seit mehr als zwei Jahrzehnten für Sartorius tätig. Ist das für einen Top-Manager nicht ungewöhnlich?
In meiner Wahrnehmung nicht. Sicher habe ich nicht erwartet, heute noch hier zu sein, als ich 1999 zu Sartorius kam. Ich stehe seit 2003 an der Spitze des Unternehmens, also habe ich mir natürlich auch schon mal Gedanken gemacht, ob ich noch einen Wechsel möchte. Doch mit der Biopharmazie haben wir uns auf eine extrem dynamische, von ständigen Innovationen geprägte Branche fokussiert, die ich unverändert sehr spannend finde. Die entscheidende Frage war für mich deshalb, ob und wie ich dem Unternehmen weiterhin die nötigen Entwicklungsimpulse geben kann, denn das ist der Kernpunkt meiner Aufgabe.
Wir haben unser Gespräch auf dem Sartorius Campus begonnen, der inzwischen etwas von einer eigenen Welt hat und noch weiter wächst. Sie haben dieses Wachstum geprägt. Ist man dann stolz, wenn man das Ergebnis sieht?
Aus meiner Sicht ist es ein Privileg, diese Entwicklung maßgeblich gestalten zu können. Als ich 2002 in den Vorstand eintrat, war Sartorius in einer herausfordernden Situation, in der ganz andere Themen zu lösen waren als heute. Doch schon damals ging mir durch den Kopf, dass ich gern einen Umzug vom alten Standort an diesen neuen Ort in Angriff nehmen würde. Letztlich hat es dann acht Jahre gedauert, bis wir mit konkreten Planungen beginnen konnten. Unser Ziel war es dabei auch, einen inspirierenden Ort zu schaffen.
Fragt man in der Göttinger Fußgängerzone, was Sartorius eigentlich macht, bekäme man vielleicht ein „irgendwas mit Pharmatechnik“ zur Antwort. Wie erklären Sie einem Laien die Arbeitsfelder Ihres Unternehmens?
Wir helfen Unternehmen und Forschungsinstituten im Bereich der Lebenswissenschaften bzw. Biopharmazie, Medikamente und Wirkstoffe schneller und kostengünstiger herzustellen. Das beginnt bereits bei der besonders forschungsintensiven Wirkstoffentwicklung, bei der unsere Produkte dazu beitragen, zeitgleich eine große Zahl von Experimenten durchzuführen und deren Ergebnisse automatisiert zu messen und zu digitalisieren. Einer unserer Roboter kann beispielsweise 48 Zellkulturexperimente gleichzeitig durchführen. In unseren Einwegbehältern können die zur Forschung benötigten Zellkulturen entscheidend schneller gezüchtet werden als in der Vergangenheit, weil lange Reinigungs- und Wechselphasen überflüssig werden. Ohne Produkte wie diese wären die Corona-Impfstoffe niemals so schnell auf den Markt gekommen, wobei wir dazu natürlich nur einen von vielen Beiträgen geleistet haben.
Die Geschwindigkeit, mit der die Impfstoffe gegen das Corona-Virus entwickelt wurden, sorgte ja sogar für Misstrauen. Warum ging das so schnell?
Wir leben in einer unfassbar interessanten Zeit mit vielen Durchbrüchen in den Lebenswissenschaften, wodurch sich einige Prozesse, beispielsweise die Entwicklung der mRNA-basierten Impfstoffe, extrem beschleunigen ließen. Gleichzeitig hat es eine unglaublich gute und effektive internationale Zusammenarbeit vieler Forscher und Produzenten gegeben. In den kommenden fünf bis zehn Jahren wird es sicher noch zu vielen weiteren wissenschaftlichen Durchbrüchen kommen verbunden mit der Möglichkeit, diese schnell für neue Medikamente nutzbar zu machen. Das ist genau das, wozu wir mit unseren Technologien einen Beitrag leisten.
Aktuell kommen diese Innovationen vorrangig in den westlichen Industrienationen an. Wenn Sartorius hilft, Medikamente schneller und kostengünstiger zu entwickeln und herzustellen, wird sich da bald auch in weniger entwickelten Nationen etwas ändern?
Das geschieht bereits auf mehreren Wegen. Zum Beispiel konnten in den letzten Jahren nach dem Ende des Patentschutzes einiger etablierter Biotech-Medikamente sogenannte „Biosimilars“ – ähnlich den Generika bei klassischen Medikamenten – angeboten werden. Diese Produkte werden zu wesentlich niedrigeren Preisen angeboten und kommen mehr Patienten zu Gute. Zu der Herstellung dieser Biosimilars haben auch unsere Produkte beigetragen.
Warum braucht das diese Zeitspanne, bis der Patentschutz ausläuft, während derer die Pharmaunternehmen große Gewinne erzielen?
Ich finde es manchmal etwas verwunderlich, der Pharmaindustrie gegenüber zu fordern, dass sie ihre Produkte sehr billig abgibt, weil es um Gesundheit geht. Diese Unternehmen investieren Milliarden in die Entwicklung von Medikamenten, mit denen sie Menschen helfen und Leben retten. Warum sollen ausgerechnet diejenigen, die jetzt die Corona-Impfstoffe hergestellt haben, weniger Geld verdienen als beispielsweise die Hersteller von Telefonen oder Autos? Wenn man diesen Unternehmen, die ja auch sehr viel Geld verdienen, welches wegnehmen würde, um es denen zu geben, die Menschenleben retten, das würde mir noch einleuchten. Dass ausgerechnet in der Gesundheitsbranche kein Geld verdient werden soll, weil es eben um Gesundheit geht – da kann ich die zugrunde liegende Moral nicht so recht erkennen.
Wie stehen Sie zu der Diskussion darüber, ob unser Wirtschaftssystem mit seiner Fokussierung auf stetiges neues Wachstum möglicherweise in die falsche Richtung zielt?
Aktuell fußt unser System zweifellos auf diesem Wachstum. Ich denke, dass es nötig ist, dieses Wachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Ob es dabei um Energie, Land, Rohstoffe oder Müll geht, wenn das nicht gelingt, kann es so nicht weitergehen. Aber es müssen ja nicht immer mehr Produkte sein. Ich kann als Firma doch auch durch bessere Produkte wachsen und die mit weniger Rohstoffen erzeugen. Daran arbeiten wir bei Sartorius seit einiger Zeit mit wachsendem Erfolg.
Auf dem Weg zum neuen Sartorius Quartier an der Hannoverschen Straße liegt es nahe, Sie zum Standort Göttingen zu befragen. Auf dem diesjährigen Wirtschaftsempfang haben Sie geschildert, dass Sartorius Fachkräfte manchmal nur „gegen“ Göttingen gewinnt. Sie haben sich mehr Unzufriedenheit gewünscht und die Frage gestellt, ob Göttingen nicht anstreben sollte, in einigen Jahren 200.000 Einwohner zu haben. Das habe ich so in Göttingen noch nicht gehört. Ist es für Sie normal, auf diese Weise gewohnte Muster aufzubrechen?
Klare Zielsetzungen gehören natürlich zu meiner Arbeit, und die Größe einer Stadt ist ein wichtiges Charakteristikum. Deswegen erschien mir diese Idee gar nicht so ungewöhnlich. Göttingen war in der Vergangenheit ja wesentlich kleiner als heute. Warum also nicht erneut deutlich wachsen?
Wie könnte das funktionieren?
Dafür braucht es ein besseres Marketing, ohne nur ein schönes „Schaufenster“ abzubilden. Eine Stadt muss sich also fragen: Wer will ich sein, was macht mich besonders? Welche Ziele setze ich mir? Und über diese Ziele muss ich dann sprechen. Wenn heute Göttinger im Urlaub nach ihrer Stadt gefragt werden, werden sie vermutlich von der großen Uni, der guten Lebensqualität erzählen, vielleicht auch davon, dass es ein wenig langweilig sei. Mein Wunsch wäre, dass sie in Zukunft von einer Stadt in Bewegung erzählen. Davon, dass wir eine starke Uni haben, aber eben auch eine starke Gründerszene, dass wir eine dynamische Stadt sind, uns bei Ökologie und Nachhaltigkeit weiterentwickeln und dass sich hier auch städtebaulich vieles tut.
Daneben braucht es für ein Wachstum natürlich Arbeitsplätze.
Klar, ohne die brauchen wir gar nicht über 200.000 Einwohner zu sprechen. Daraus ergibt sich unter anderem die Bedeutung einer starken Startup-Szene, die junge Fachkräfte anlockt. Wenn jemand beispielsweise wegen eines Jobs bei Sartorius nach Göttingen kommt, muss er wissen: Wenn es mir dort nicht mehr gefällt, dann gibt es hier Alternativen.
Wie gefällt Ihnen in diesem Zusammenhang Göttingens Slogan von der „Stadt, die Wissen schafft“?
Das ist für mich ein etwas enger Anspruch. Wir brauchen etwas Offeneres, das mehr Themen beinhaltet. Warum nicht einmal in Richtung eines „Cool Göttingen“ – analog zum „Cool
Britannia“ der Tony-Blair-Zeit – nachdenken? Das ist jetzt nur mal eine spontane Idee, aber solch einen Claim fände ich beispielsweise viel spannender.
Sie haben auch das Thema Städtebau angesprochen. Wie beurteilen Sie hier die Entwicklung?
Leider haben wir in den letzten 20 Jahren noch Dinge zugelassen, die auf eine Zersiedelung mit relativ nichtssagender Architektur hinauslaufen. Wenn man entlang der Hannoverschen Straße oder in Richtung Grone aus der Stadt hinausfährt, wird Göttingen doch relativ schnell dörflich. Und gibt es da mal eine Brache, dann entsteht ein großer Supermarkt oder ein Schnellrestaurant. Das ist unglücklich.
Sprechen Sie diese Themen gegenüber der Stadt an? Und in welchem Zusammenhang steht das zur Anwerbung von Fachkräften für Göttingen?
Zwar habe ich auch als Bürger der Stadt die Verantwortung, mich einzumischen, jedoch werde ich hier natürlich stärker als Vorstandsvorsitzender von Sartorius wahrgenommen. Tatsächlich höre ich in vielen Gesprächen mit Fachkräften oder Journalisten außerhalb Göttingens immer wieder in Variationen: „Göttingen ist kein attraktiver Standort.“ Und zwar als Tatsachenbehauptung. Natürlich ist Göttingen nicht der Nabel der Welt, aber über Städte wie Freiburg oder Mainz sagt das niemand. Selbstverständlich wünsche ich mir, dass sich das ändert, weil ich mit Sorge sehe, dass wir zwar ohne allzu große Probleme neue Mitarbeiter finden, aber von denen wollen nur ganz wenige in Göttingen wohnen.
Das Sartorius Quartier an der Hannoverschen Straße zählt zu den umfangreichsten, städtebaulichen Projekten, die Göttingen in den letzten zehn Jahren erlebt hat. Haben Sie hier bereits an Lösungen für die oben genannten Herausforderungen gedacht?
Unser in die Jahre gekommener Standort war schon so etwas wie eine Entwicklungsbremse für die Nordstadt. Ausgehend von unserem Motto „Bilden, Gründen, Wohnen“ ergaben sich dann im Gespräch mit verschiedenen Partnern Elemente wie die Life Science Factory mit ihrem Bezug zum Gründen, der Gesundheitscampus, wo es um Bildung geht, und das neue Freigeist-Hotel sowie die Micro-Apartments und weitere Wohnangebote. Gleichzeitig war uns an auch architektonisch gelungenen Ergebnissen gelegen, so haben wir unter anderem zuvor stark veränderte historische Bausubstanz wieder sichtbar gemacht und neuen Nutzungen zugeführt. Insbesondere im Inneren des Gesundheitscampus ist für mich die wohl schönste Hörsaalsituation Göttingens entstanden. Auch den Turm haben wir erhalten und setzen aktuell sogar ein neues Stockwerk darauf, ein architektonischer Bezug auf das Herauswachsen aus der historischen Substanz und die Schaffung einer Blickhöhe gegenüber den neuen Gebäuden im Quartier. Darunter werden ein Café, eine Weinbar im Keller und weitere kleinere Räume für Geschäftsessen und ähnliches zu Orten der Begegnung, die auch den Bürgern der Stadt offenstehen. Genauso wird die neu konzipierte Sartorius-Sheddachhalle tagsüber für Vorlesungen und Seminare des Gesundheitscampus genutzt und bietet sich abends und am Wochenende als ganz besonderer Veranstaltungsort für mehrere Hundert Personen an.
Zum Ende unseres „Unterwegs“-Interviews spazieren wir zum Flüthewehr, hinter dem gerade ein Feuchtbiotop entsteht, dessen Anlage von Sartorius finanziert wird. Es wird sich dort rechts und links der Leine erstrecken und soll künftig Vögeln und Insekten einen geschützten Lebensraum bieten. Wieso engagiert sich ein internationales Life-Science-Unternehmen auf diese Weise?
Die Idee entstand, als ich über einen Kontakt zur Heinz-Sielmann-Stiftung auf das Projekt „Jeder Gemeinde ihr Biotop“ von Peter Berthold aufmerksam wurde. Das ist ein bekannter Ornithologe, Biologe und Ökologe, der 14 Jahre lang die Vogelwarte Radolfzell, eine Zweigstelle des Max-Planck-Instituts für Ornithologie, leitete. Ich fand den Gedanken sofort spannend, und von der Stiftung kam der Vorschlag zur jetzigen Lage. Dann habe ich Kontakt zu Oberbürgermeister Köhler aufgenommen, weil das Gelände ja im Besitz der Stadt bleibt und es ohne deren langfristiges Engagement sinnlos wäre. Er war sofort dabei. Dass wir uns als Unternehmen für solch ein Projekt engagieren, hat vorrangig damit zu tun, dass Nachhaltigkeit einer unserer Unternehmenswerte ist. Im Grundgesetz steht „Eigentum verpflichtet“, und ich finde, als Firma, die so etwas realisieren kann, müssen wir uns dann auch fragen, was wir tun können.
Im Zuge der Einrichtung des Biotops wird auch ein kleiner Fußgängerweg verschwinden, was bereits zu Kritik führte. Bedenken zu haben, wirkt manchmal wie eine klassisch südniedersächsische Mentalität. Erleben Sie das ebenso?
Allgemein von einer Südniedersachsen-Mentalität zu sprechen, finde ich schwierig. Es gibt hier viele anpackende und bodenständige Menschen mit vielen Qualitäten. Was etwas ausgeprägter sein könnte, wäre ein Impuls zur Veränderung nach dem Motto: „Hey, wir können mehr!“ Das fehlt mir schon etwas. In diesem Zusammenhang nehme ich auch wahr, dass es angesichts der sicher nicht wenigen wohlhabenden Menschen in Göttingen ein ausgeprägteres Bürgerengagement und mehr Bereitschaft, positive Veränderungen anzustoßen und aktiv zu tragen, geben könnte.
Ist es ein besonderes Lebensgefühl, in einer Position zu sein, in der Sie gute Ideen aufgreifen und Wirklichkeit werden lassen können?
Das ist gleichermaßen ein Privileg wie eine Verpflichtung. Aber nicht in einem schweren Sinn, ich finde, das ist durchaus etwas Schönes.
Apropos Schönes, ich habe gelesen, Sie verbringen Ihre Freizeit mit Joggen, Bergwandern und Musik, trifft es das?
Das kommt schon hin. Ich bin ganz gerne draußen, beispielsweise auf dem Kerstlingeröder Feld. Es hat zwar ein wenig gedauert, aber was ich an Göttingen wirklich schätze, ist die landschaftliche Vielfalt, die man direkt hinter der Stadtgrenze erleben kann. Ansonsten bin ich gern in den Bergen unterwegs und treibe Sport. Was Musik angeht, ja, ich gehe beispielsweise wirklich gern auf kleine Clubkonzerte, so bis 200 Menschen. Demnächst werde ich in Berlin zum Beispiel eine Schweizer Singer-/Songwriterin anschauen, die in Deutsch, Englisch und Französisch singt. An solchen Konzerten faszinieren mich oft die kleinen Fehler und wie aus der Reaktion der Musiker darauf etwas ganz Besonderes und Neues entsteht.
In der Öffentlichkeit ist trotz Ihrer herausragenden Position nicht viel über Ihr Privatleben zu erfahren. Ist das Absicht oder Zufall?
Zufall ist das nicht, ich lege einfach Wert darauf, einen Bereich zu haben, der eine gewisse Distanz zu meinem Job hält. Mir ist sehr wichtig, Freunde zu haben, die mich lange und aus ganz anderen Zusammenhängen kennen, so dass sie nicht zuerst den Vorstandsvorsitzenden sehen, wenn sie an mich denken.
Was Vorstandsvorsitzende im Rampenlicht angeht – Sie wurden in der FAZ als deutscher „Elon Musk“ bezeichnet …
Um Gottes willen! Nein! Das fand ich gar nicht gut und ganz so war es auch nicht. Diese Gegenüberstellung funktioniert höchstens dann – aber dazu muss man sehr genau lesen, was der Verfasser vermutlich meinte –, wenn man die relative Aktienkursentwicklung von Sartorius und Tesla vergleicht. Die sind nicht unähnlich, denn direkt nach Tesla sind wir hier weltweit die Zweitplatzierten. Der Vergleich hinkt aber schon deshalb, wenn man sieht, was Elon Musk noch so alles auf die Beine stellt.
Was beeindruckt Sie an anderen Menschen?
Ich finde es gut, wenn Menschen Mut haben, etwas Neues probieren, etwas anders machen, Entscheidungen treffen und größere Dinge anpacken. Es kann aber auch wahnsinnig mutig sein, sich auf eine Bühne zu stellen und ein Lied zu singen. Das zum Beispiel würde ich mich nie trauen.
Haben Sie so etwas wie Vorbilder?
Im klassischen Sinne nicht. Es gibt aber einen Ausspruch, mit dem ich viel anfangen kann. Er stammt von Arthur Ashe, dem ersten afroamerikanischen Weltklasse-Tennisspieler und Grand-Slam-Turniergewinner. Der hat gesagt: „Start where you are, take what you have and do, what you can.“ Also: Akzeptiere, was du hast. Versuche, möglichst alles zu nutzen, was dir zur Verfügung steht, auch die Dinge, die du selbst vielleicht auf den ersten Blick gar nicht so wertschätzt, und dann eben: Tu, was du kannst. So handeln wir übrigens auch als Firma. Beispielsweise sind die meisten unserer Wettbewerber deutlich größer als wir, aber darauf achten wir gar nicht, und deshalb stört es uns auch überhaupt nicht. Wir können das nicht ändern und fragen uns vielmehr, was haben wir, was die nicht haben und was können wir damit anfangen? Und das werfen wir dann in die Waagschale.
Dr. Joachim Kreuzburg
Joachim Kreuzburg (geb. 1965) steht seit 2003 an der Spitze der Sartorius AG. Zusätzlich ist er seit 2007 Verwaltungsratsvorsitzender und CEO der Sartorius Stedim Biotech S.A. Nach seinem Maschinenbau-Studium in Hannover war er am niedersächsischen Institut für Solarenergieforschung in Hameln sowie am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Hannover tätig. Im Anschluss an seine Promotion zum Dr. rer. pol. 1999 begann er im selben Jahr seine Laufbahn bei Sartorius und wurde nach einer Reihe von Führungspositionen innerhalb des Unternehmens im November 2002 in den Vorstand der Sartorius AG bestellt. Darüber hinaus ist er u. a. Mitglied des Aufsichtsrats der Carl Zeiss AG, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Bock SE & Co. KGaA sowie Mitglied im Wirtschaftsbeirat der Norddeutschen Landesbank. Er ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter aus einer vorhergehenden Beziehung.