Nur sehr wenige Menschen leben ihr Leben gänzlich ohne Rückenschmerzen. Sie sind in Deutschland die dritthäufigste Ursache für einen Arztbesuch und haben viele unterschiedliche Ursachen und Formen. Doch es gibt eine Reihe von „Klassikern“.

Text: Ulrich Drees | Foto: Adobe Stock

Der Bandscheibenvorfall

Die menschliche Wirbelsäule besitzt 23 Bandscheiben, flexible Knorpelfasern mit besonderen Haftungseigenschaften, die einfach ausgedrückt, Belastungen zwischen je zwei Wirbeln abfedern. Sie bilden dabei etwa ein Viertel der Gesamtläge unserer Wirbelsäule und werden zum Gesäß hin immer höher und breiter. Ihre Funktion ist die eines elastischen Druckpolsters, d. h. ohne sie wäre die menschliche Wirbelsäule ein starres Knochengerüst. Wenn es bei Bewegungen zu Belastungen der Wirbelsäule kommt, sorgen Bandscheiben für eine gleichmäßige Verteilung; ihr Inneres, der zu 80 % aus Wasser bestehende Gallertkern, fängt etwa 75 % der einwirkenden Kräfte auf, der sie umschließende Faserring den Rest.
Bei einem typischen Bandscheibenvorfall, der auch als Bandscheibenprolaps bezeichnet wird, reißt dieser Faserring ganz oder teilweise ein, und Teile der Bandscheibe treten in den Wirbelkanal vor, in dem das Rückenmark liegt. Dort klemmen sie dann Nerven ein. Obwohl ein Bandscheibenvorfall auch ohne äußeren Anlass vorkommt, wird er häufig durch eine Überlastung oder Vorschädigung der Bandscheiben hervorgerufen. Betroffene leiden unter starken Schmerzen, die oft in Arme und Beine ausstrahlen. In den Bereichen, für die eingeklemmte Nervenwurzeln zuständig sind, kommt es häufig zu einem Taubheitsgefühl, manchmal treten auch Lähmungserscheinungen ein.
Hervorgerufen wird ein Bandscheibenvorfall meist durch genetische Ursachen, einseitige Belastungen oder eine Schwäche der Muskulatur neben den Wirbeln. Eine direkt durch einen Unfall oder eine Verletzung hervorgerufene Schädigung wurde noch nicht diagnostiziert. Im Durchschnitt erkranken Menschen um die 40 an einem Bandscheibenvorfall. Der Lendenbereich, der Halsbereich und der Brustbereich werden etwa im Verhältnis 100 zu 10 zu 1 betroffen.
In den meisten Fällen können Bandscheibenvorfälle ohne Operation behandelt werden.

Der Hexenschuss

„Hexenschuss“ – ein altertümlich klingender Name für einen noch immer häufigen Rückenschmerz, der plötzlich mit einem heftigen Stechen auftritt und dann vor allem im Lendenwirbelbereich zu anhaltenden Schmerzen führt, die wiederum Bewegungseinschränkungen mit sich bringen. Mediziner sprechen von einem Lumbago oder einem lokalen Lumbalsyndrom, rechnen neben dem Hexenschuss jedoch auch anhaltende Kreuzschmerzen dazu, da es um Beschwerden geht, die auf degenerative oder funktionelle Störungen in diesem Bereich der Wirbelsäule zurückzuführen sind. Für den Hexenschuss ist eine Muskelverhärtung verantwortlich, die durch eine ruckartige oder ungeschickte Bewegung oder als Folge von falschen oder überhöhten Belastungen eintritt.
Chiropraktiker machen für den Hexenschuss verschiedene Formen von Blockierungen in einem der beiden Iliosakralgelenke verantwortlich und behandeln ihn durch eine Mobilisation – indem sie das ausgerenkte Gelenk wieder einrenken. Auch wenn diese Blockierungen durch bildgebende Verfahren nicht nachzuweisen sind, ist diese Behandlungsform so erfolgreich, dass der Besuch bei einem spezifisch ausgebildeten Chiropraktiker für viele Menschen zur gängigen Methode zählt.
Der klassische Hexenschuss ist im Normalfall harmlos und klingt nach einigen Tagen wieder ab. Bei starken Schmerzen helfen entzündungshemmende Schmerzmittel oder lokale Schmerzsalben, Bettruhe jedoch nicht, empfohlen werden im Gegenteil schonende Bewegungen und Wärme.

Der Ischias

Bei einer sogenannten Lumboischialgie strahlt der Schmerz auch in die Beine aus. Dieser umgangssprachliche Ischias hat mit dem Hexenschuss aber nur bedingt zu tun. Denn er entsteht, weil beispielsweise durch einen Bandscheibenvorfall im Lendenbereich dort Spinalnerven eingeengt werden, die wiederum dem Ischiasnerv „vorgeschaltet“ sind. Dieser gibt diese Reizung dann als Schmerz in die Beine weiter, liegt jedoch nicht in der Wirbelsäule. Beinschmerzen dieser Art können darüber hinaus auch aus einer Wechselwirkung von Schmerzen in den Gelenken, der Bandscheiben und der Rückenmuskulatur resultieren.

Muskelüberlastungen

Wie und wie häufig oder wie selten sich ein Mensch bewegt, das wirkt sich im Laufe der Zeit unweigerlich auf die Gesundheit seines Rückens aus. Mangelnde Bewegung, falsche Haltung oder einseitige Belastung führen zu unterforderten Muskeln, die sich verkürzen oder verhärten. Ebenso können überforderte Muskeln Verspannungen hervorrufen, die schließlich in Rückenschmerzen münden. Verhärtete oder verspannte Muskeln können dann Wirbelblockaden oder Wirbelfehlstellungen bewirken. Der Hexenschuss ist eine plötzlich eintretende Variante, einer Muskelverhärtung.
Das Problematische an Verspannungsschmerzen ist, dass sie unbehandelt meist zunehmen. Aus verspannten Muskeln werden verhärtete Muskeln, die wiederum andere Muskelbereiche überstrapazieren. Der Schmerz wird chronisch und beginnt, auszustrahlen. Diese Entwicklung lässt sich jedoch verhindern, indem man die Signale gleich zu Beginn ernst nimmt. Wärme, Massagen, physiotherapeutische Behandlungen, Entspannungstechniken wie Yoga … Es gibt viele sinnvolle Methoden, etwas zu unternehmen. Wichtig ist vor allem, zu reagieren und bei einem anhaltenden Problem einen Arzt aufzusuchen.

Helfende Hände – Neben Medikamenten können verschiedene Therapieformen bei Rückenschmerzen helfen:

Physiotherapie
Das ist eines der klassischen Mittel gegen Rückenschmerzen. Neben der Krankengymnastik nutzen Physiotherapeuten jedoch noch eine Reihe weiterer Methoden, wie Wärmebehandlungen, die sogenannte Alexander-Technik, mittels derer dem Patienten vermittelt wird, ursächliche Bewegungsabläufe zu verändern, oder regelmäßige Massagen.

Chiropraktiker
Das „den Rücken Einrenken“, sprich das Lösen von Gelenkblockaden, durch einen erfahrenen Chiropraktiker kann ebenfalls gegen Rückenschmerzen helfen. Die Chiropraktik ist eine alternativmedizinische Methode, und Chiropraktiker sind häufig Heilpraktiker mit einer entsprechenden Zusatzausbildung, während ein Chirotherapeut ein studierter Arzt ist, der eine Fortbildung in Chirotherapie absolviert hat.

Osteopathie
Wie die Chiropraktik gehört auch die Osteopathie in den Bereich der manuellen Therapie. Osteopathen setzen auf ein alternativmedizinisches, ganzheitliches Konzept, das Körper, Geist und Seele des Menschen im Blick hat. Bei Rückenschmerzen suchen Osteopathen nach Einschränkungen und Blockaden, die sie nur mit ihren Händen aufheben, indem sie die Selbstheilungskräfte des Körpers anregen.

Cranio-Sacral-Therapie
Als mit der Osteopathie verwandte alternativmedizinische Methode verbindet die Cranio-Sacral-Therapie deren ganzheitliche, manuelle Anwendungsform mit einer Behandlung, die auf körpereigene Energieflüsse einwirken will. Sie nutzt im Kern indirekte Drucktechniken zum Lösen von Verspannungen in der harten Hirn- und Rückenmarkshaut innerhalb des Wirbelkanals, die Therapeuten gar nicht direkt erreichen können.