Die Inter­ven­tio­nel­le Onko­lo­gi­sche Endo­sko­pie, ein wich­ti­ger Bestand­teil des onko­lo­gi­schen Spit­zen­zen­trums Göt­tin­gen

Text: Prof. Dr. med. Ahmad Amanzada | Fotos: Ado­be Stock, UMG

Das Wort „Endo­sko­pie“ bedeu­tet: „in den Kör­per schau­en“ oder „von innen beob­ach­ten“. Das Endo­skop ist also ein Instru­ment, mit dem inne­re Hohl­or­ga­ne unter­sucht wer­den kön­nen. Vor gera­de ein­mal 65 Jah­ren wur­de das ers­te fle­xi­ble Endo­skop durch Basil Hir­scho­witz ent­wi­ckelt. Seit­her hat sich die Endo­sko­pie nicht nur als ein fes­ter Bestand­teil in der Dia­gnos­tik der Ver­dau­ungs­or­ga­ne eta­bliert, son­dern auch eine noch immer andau­ern­de tech­ni­sche Revo­lu­ti­on mit dem Stre­ben nach immer weni­ger inva­si­ven, hoch­auf­lö­sen­den und für den Pati­en­ten wenig belas­ten­den Ver­fah­ren aus­ge­löst. Heut­zu­ta­ge wer­den fle­xi­ble Endo­sko­pe mit hoch­mo­der­ner Licht- und Kame­ra­tech­nik genutzt, durch die hochauflösende Bil­der des gesam­ten Magen-Darm­trak­tes sowie des Gal­len- und Bauch­spei­chel­drü­sen­gangs gemacht wer­den kön­nen. Die neu­es­ten Gene­ra­tio­nen der Endo­sko­pe nut­zen zur Bil­der­zeu­gung und -über­tra­gung die Digi­tal­tech­nik. Sie haben grund­sätz­lich eine um ein Viel­fa­ches höhe­re Auf­lö­sung als ihre Vor­gän­ger­mo­del­le. Die Arbeitskanäle der Endo­sko­pe erlau­ben das Ein­füh­ren von Instru­men­ten, die mini­mal-inva­si­ve ope­ra­ti­ve Ein­grif­fe durch das Endo­skop ermög­li­chen, ohne dass ein offe­ner chir­ur­gi­scher Ein­griff not­wen­dig wird. Für Berei­che des Dünn­darms, die mit einem Endo­skop wie­der­um nicht so ein­fach erreicht wer­den kön­nen, ste­hen mitt­ler­wei­le Mini­ka­me­ras zu Ver­fü­gung, die der Pati­ent schlu­cken kann.
Mit­tels der Endo­sko­pie kön­nen sowohl rein dia­gnos­ti­sche als auch the­ra­peu­ti­sche Maß­nah­men durch­ge­führt wer­den. Die dia­gnos­ti­sche Endo­sko­pie wird bei Beschwer­den des Magen-Darm­trak­tes mit dem Ziel der Dia­gno­se­fin­dung durch­ge­führt. Die the­ra­peu­ti­sche oder auch „inter­ven­tio­nel­le Endo­sko­pie“ ist eine Metho­de der mini­mal-inva­si­ven Chir­ur­gie; hier­bei wer­den Ein­grif­fe unter­schied­li­chen Aus­ma­ßes im Magen-Darm­trakt durch­ge­führt.

Wie läuft eine endo­sko­pi­sche Unter­su­chung ab? >>> Endo­sko­pi­sche Unter­su­chun­gen wer­den im nüch­ter­nen Zustand und in der Regel in Teil­nar­ko­se durch­ge­führt. Die Teil­nar­ko­se wird durch Gabe eines Nar­ko­se­me­di­ka­men­tes ein­ge­lei­tet, wel­ches intra­ve­nös ver­ab­reicht wird. Der Pati­ent schläft vor der Unter­su­chung ein und wacht erst nach Been­di­gung der Unter­su­chung wie­der auf. Atmung und Kreis­lauf wer­den wäh­rend der Unter­su­chung eng­ma­schig über­wacht. Bei gro­ßen und lang­wie­ri­gen endo­sko­pi­schen Ein­grif­fen kann in Ein­zel­fäl­len auch eine Voll­nar­ko­se not­wen­dig sein, die dann durch einen Nar­ko­se­arzt durch­ge­führt wird und even­tu­ell eine maschi­nel­le Beatmung erfor­dert. In vie­len Fäl­len sind endo­sko­pi­sche Unter­su­chun­gen und klei­ne Ein­grif­fe ambu­lant mög­lich. Die Darm­vor­be­rei­tung vor einer Dick­darm­spieg­lung kann dabei zu Hau­se statt­fin­den. Nach Abschluss der Unter­su­chung kann der Pati­ent nach zwei- bis drei­stün­di­ger Überwachungsphase wie­der nach Hau­se ent­las­sen wer­den.

Ent­fer­nung von Tumo­ren am Ver­dau­ungss­trakt >>> Die Mög­lich­kei­ten der ope­ra­ti­ven Ein­grif­fe durch das fle­xi­ble Endo­skop haben sich in den letz­ten Jah­ren rasant wei­ter­ent­wi­ckelt. So ste­hen heut­zu­ta­ge vie­le Arbeits­in­stru­men­te wie elek­tri­sche Koagu­la­ti­ons- und Schnei­de­mes­ser zur Ver­fü­gung, die unter endo­sko­pi­scher Sicht vom Unter­su­cher mit kleins­ten Bewe­gun­gen gesteu­ert wer­den, sodass obe­re Wand­schich­ten des Magen-Darm­trak­tes scho­nend ent­fernt wer­den kön­nen (Endo­sko­pi­sche Sub­mu­ko­sa­dis­sek­ti­on). Mit­hil­fe die­ser Tech­nik kön­nen mitt­ler­wei­le auch sehr gro­ße und flächige Krebs­vor­stu­fen (Ade­no­me) oder auch Früh­for­men von Krebs­er­kran­kun­gen mini­mal-inva­siv rese­ziert und sicher ent­fernt wer­den, die frü­her nur mit­tels chir­ur­gi­scher Ope­ra­ti­ons­ver­fah­ren ent­fernt wer­den konn­ten. Dies hat gegen­über den her­kömm­li­chen endo­sko­pi­schen Schleim­haut­ent­fer­nungs­tech­ni­ken, die z. B. in mehr­tei­li­ger Tech­nik mit einer Schlin­ge durch­ge­führt wer­den, den Vor­teil, dass die Wahr­schein­lich­keit eines Wie­der­keh­rens der Ver­än­de­rung im Ver­lauf deut­lich gesenkt wer­den kann.
Mitt­ler­wei­le besteht sogar die Mög­lich­keit, das Endo­skop mit einem Zusatz­in­stru­ment zu ergän­zen, um damit klei­ne Abschnit­te des Magen-Darm­trak­tes als Voll­wand­re­sek­ti­on „von innen“ zu ent­fer­nen, ohne dass sicht­ba­re Nar­ben zurück­blei­ben. Die­se Tech­nik wird bei klei­nen, wand­über­schrei­ten­den Krebs­for­men in frü­hem Sta­di­um der Erkran­kung ein­ge­setzt.
Für jeden Pati­en­ten mit Krebs­er­kran­kung wird abhän­gig vom Erkran­kungs­sta­di­um, den Vor­er­kran­kun­gen und dem Pati­en­ten­wunsch ein indi­vi­du­el­les The­ra­pie­kon­zept erstellt, das sich an den aktu­el­len natio­na­len und inter­na­tio­na­len Leit­li­ni­en der Fach­ge­sell­schaf­ten ori­en­tiert und im Rah­men einer Exper­ten­kom­mis­si­on, sog. Tumor­boards, inter­dis­zi­pli­när abge­stimmt wird.

Neue endo­sko­pi­sche Behand­lungs­ver­fah­ren bei Spei­se­röh­ren­er­kran­kung >>> Bei einer bestimm­ten Spei­se­röh­ren­er­kran­kung (Achala­sie) öff­net sich der unte­re Spei­se­röh­ren­schließ­mus­kel am Ein­gang zum Magen nicht voll­stän­dig und die Beweg­lich­keit der Mus­ku­la­tur der Spei­se­röh­re ist ein­ge­schränkt. Die­sen Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten kann durch ein neu­es Ver­fah­ren, der Per­ora­len Endo­sko­pi­schen Myo­to­mie (POEM), gehol­fen wer­den. Die POEM bil­det eine gleich­wer­ti­ge Alter­na­ti­ve zum bis­he­ri­gen chir­ur­gi­schen Stan­dard­ver­fah­ren. Die Ver­fah­ren unter­schei­den sich durch den jewei­li­gen Zugangs­weg. Wäh­rend man die POEM endo­sko­pisch über den Öso­pha­gus durch­führt, erfolgt bei dem chir­ur­gi­schen Ver­fah­ren der Zugang in der Regel über klei­ne Haut­schnit­te der Bauch­wand.
Die POEM erfolgt endo­sko­pisch über einen klei­nen Ein­schnitt in die ober­fläch­li­che Spei­se­röh­ren­schleim­haut. Das Endo­skop wird dann in den Raum zwi­schen Schleim­haut und Mus­kel­schicht ein­ge­führt, ein Tun­nel bis zum unte­ren Schließ­mus­kel ange­legt, anschlie­ßend mit einem spe­zi­el­len Mes­ser die Mus­kel­schicht elek­trisch durch­trennt. Danach wird das Endo­skop wie­der aus dem Tun­nel ent­fernt und der vor­her erzeug­te Ein­schnitt mit Metall­klam­mern ver­schlos­sen.

Sicher­stel­lung der Ernäh­rung bei Ein­engun­gen im Magen-Darm­trakt >>> Die Obstruk­ti­on, also ein krank­heits­be­ding­ter Ver­schluss der Magen-Darm-Pas­sa­ge, und die damit ein­her­ge­hen­de erschwer­te bzw. unmög­li­che Nah­rungs­auf­nah­me der Pati­en­ten ist das Kenn­zei­chen fort­ge­schrit­te­ner Spei­se­röh­ren- und Magen­tu­mo­re. Zur Wie­der­her­stel­lung der Magen-Darm-Pas­sa­ge ste­hen ver­schie­de­ne endo­sko­pi­sche The­ra­pie­mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung. Das Ein­set­zen z. B. von Metall­stents ist bei fort­ge­schrit­te­nen Tumor­er­kran­kun­gen, die bereits einem pal­lia­ti­ven Behand­lungs­kon­zept unter­lie­gen, in vie­len Fäl­len eine gute The­ra­pie­op­ti­on, um die nor­ma­le Nah­rungs­auf­nah­me wie­der zu ermög­li­chen und die Lebens­qua­li­tät zu ver­bes­sern.
Dar­über hin­aus kön­nen bei Betrof­fe­nen, bei denen aus unter­schied­li­chen Grün­den der Schluck­takt nicht sicher funk­tio­niert, ver­schie­de­ne Ernäh­rungs­son­den in den Magen oder Zwölf­fin­ger­darm ein­ge­legt wer­den. Bei gut­ar­ti­gen Ver­en­gun­gen der Spei­se­röh­re wer­den endo­sko­pi­sche Auf­wei­tun­gen mit spe­zi­el­len Bal­lon­son­den vor­ge­nom­men.

Spe­zi­el­le, ultra­schall­ge­stütz­te endo­sko­pi­sche Unter­su­chun­gen des Ver­dau­ungs­trak­tes und der Gal­len­we­ge >>> Das Gal­len­gangs­sys­tem der Leber wird stan­dard­mä­ßig mit­hil­fe einer endo­sko­pi­schen Unter­su­chung über den Zwölf­fin­ger­darm erreicht. Lei­der gelingt die­ser Zugang nicht immer – wenn z. B. der Zugang durch einen Tumor ver­legt ist oder das Ein­füh­ren des Endo­skops in den Zwölf­fin­ger­darm durch eine Ver­en­gung, z. B. im Bereich des Magen­aus­gangs, nicht mög­lich ist. Bis vor kur­zem stan­den als Alter­na­tiv­ver­fah­ren ledig­lich die Drai­na­ge von außen über die Haut zur Ver­fü­gung, um das Gal­len­weg­s­sys­tem zu errei­chen, oder eine gro­ße Bauch­ope­ra­ti­on war not­wen­dig. Die inter­ven­tio­nell-endo­so­no­gra­phi­sche Neu­an­la­ge von geschaf­fe­nen Ver­bin­dun­gen zwi­schen Magen- bzw. Dünn­darm und Gal­len­we­gen stellt für die­se Pati­en­ten eine neue und mini­mal-inva­si­ve Alter­na­ti­ve dar und soll­te bevor­zugt zum Ein­satz kom­men.
Bei der Endo­so­no­gra­phie han­delt es sich um eine beson­de­re Form der Ultra­schall­un­ter­su­chung (Sono­gra­phie). Die­se wird nicht von außen durch die Haut, son­dern von innen durch­ge­führt. Es han­delt sich dabei um eine Kom­bi­na­ti­on von Endo­sko­pie und Ultra­schall­un­ter­su­chung.
Die dia­gnos­ti­sche Endo­so­no­gra­phie dient der Ent­nah­me von Gewebs­pro­ben an schwie­rig zugäng­li­chen Loka­li­sa­tio­nen, wie z. B. der Bauch­spei­chel­drü­se zur Abklä­rung einer unkla­ren Ver­än­de­rung bzw. Raum­for­de­rung.
Mit­hil­fe der the­ra­peu­ti­schen Endo­so­no­gra­phie wer­den im Bauch­raum Eiter­an­samm­lun­gen nach einer Bauch­spei­chel­drü­sen­ent­zün­dung eben­falls mini­mal-inva­siv behan­delt und so in den Magen oder Zwölf­fin­ger­darm drai­niert, anstatt sie nach außen ablei­ten zu müs­sen oder sogar offen ope­ra­tiv ver­sor­gen zu müs­sen.
Zu den neu­es­ten Ent­wick­lun­gen der endo­so­no­gra­phi­schen Inter­ven­ti­on zählt die Ablei­tung der Gal­len­we­ge zum Magen oder Zwölf­fin­ger­darm durch das Ein­brin­gen von spe­zi­ell kon­fi­gu­rier­ten beschich­te­ten Stents. Die­se Ein­grif­fe wer­den bei aus­ge­wähl­ten Indi­ka­tio­nen durch­ge­führt und ist nur in hoch­spe­zia­li­sier­ten Zen­tren als Alter­na­ti­ve zu den inva­si­ve­ren alter­na­ti­ven Ein­grif­fen mög­lich.
Die Kli­nik für Gas­tro­en­te­ro­lo­gie, gas­tro­in­testi­na­le Onko­lo­gie und Endo­kri­no­lo­gie (Direk­tor: Prof. Dr. Vol­ker Ellen­rie­der) der Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen hat eine aus­ge­wie­se­ne und weit über­re­gio­nal sicht­ba­re Exper­ti­se in der Behand­lung ent­zünd­li­cher und bös­ar­ti­ger Erkran­kun­gen des Magen-Darm­trak­tes. Die Behand­lung von Pati­en­ten mit Krebs­er­kran­kun­gen der Ver­dau­ungs­or­ga­ne erfolgt seit vie­len Jah­ren in enger Koope­ra­ti­on mit der Kli­nik für Allgemein,-Viszeral- und Kin­der­chir­ur­gie der UMG, dem Göt­tin­ger Uni­ver­si­täts­Krebs­zen­trum (G-CCC) und zahl­rei­chen exter­nen Koope­ra­ti­ons­part­nern des Com­pre­hen­si­ve Can­cer Cen­ters Nie­der­sach­sen (CCC-N). Dabei liegt eine zen­tra­le Kern­kom­pe­tenz der Kli­nik in der Durch­füh­rung kom­ple­xer endo­sko­pi­scher Ein­grif­fe, die in der Sek­ti­on für inter­ven­tio­nel­le onko­lo­gi­sche Endo­sko­pie unter der ärzt­li­chen Lei­tung von Pro­fes­sor Dr. med. Amanzada und sei­nem Team durch­ge­führt wer­den. Die Sek­ti­on für inter­ven­tio­nel­le onko­lo­gi­sche Endo­sko­pie ist nicht nur ein zen­tra­les Ele­ment der Kli­nik und des vis­ze­ralon­ko­lo­gi­schen Zen­trums der UMG, son­dern wird als sol­ches auch jähr­lich im Rah­men der Audi­tie­rung des Pan­kre­as- und Dick­darm­kar­zi­nom­zen­trums nach den Qua­li­täts­kri­te­ri­en der Deut­schen Krebs­ge­sell­schaft zer­ti­fi­ziert.

Prof. Dr. med. Ahmad Amanzada
· Lei­ten­der Ober­arzt und stell­ver­tre­ten­der Direk­tor der Kli­nik für Gas­tro­en­te­ro­lo­gie, gas­tro­in­testi­na­le Onko­lo­gie und Endo­kri­no­lo­gie
· Sek­ti­ons­lei­ter Inter­ven­tio­nel­le onko­lo­gi­sche Endo­sko­pie
· Bereichs­lei­ter Kli­ni­sche Infek­tio­lo­gie

Prof. Dr. Vol­ker Ellen­rie­der
· Direk­tor der Kli­nik für Gas­tro­en­te­ro­lo­gie, gas­tro­in­testi­na­le Onko­lo­gie und Endo­kri­no­lo­gie
· Spre­cher des Uni­ver­si­täts­Krebs­zen­trums Göt­tin­gen

Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen

Kli­nik für Gas­tro­en­te­ro­lo­gie, gas­tro­in­testi­na­le Onko­lo­gie und Endo­kri­no­lo­gie
Direk­tor: Prof. Dr. V. Ellen­rie­der

Sek­ti­on für inter­ven­tio­nel­le onko­lo­gi­sche Endo­sko­pie
Sek­ti­ons­lei­ter: Prof. Dr. A. Amanzada

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