Was ist eigentlich Geschmack?
Text: Kristin Schild | Fotos: Adobe Stock
Neben riechen, sehen, fühlen und hören ist schmecken einer der fünf menschlichen Sinne. Er bezieht sich auf die Wahrnehmung von Aromen und Texturen bei der Nahrungsaufnahme und wird auch als Gustatorik bezeichnet. Die Empfindung, ob ein Lebensmittel oder Getränk für uns „gut“ schmeckt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab und ist ein spannendes Zusammenspiel aus der Aktivität der Geschmacksknospen auf der Zunge, dem Geruchssinn und der Textur der Nahrung. Hinzu kommen persönliche Erfahrungen und Vorlieben, die sich im Laufe des Lebens auch verändern können. Für den Menschen war das Schmecken früher sogar überlebenswichtig, denn nur so konnte man essbare und giftige Nahrung schon beim ersten Bissen voneinander unterscheiden. Doch auch auf dem globalen Mark ist das Thema Geschmack nach wie vor ein wichtiges. Ein Beispiel dafür ist die Firma Symrise aus Holzminden, ein weltweit führender Anbieter von Duft- und Geschmacksstoffen.
Wie funktioniert das Schmecken? >>> Das Schmecken ist ein sehr komplexer Vorgang, ein Zusammenspiel aus chemischen Prozessen verschiedener Sinnesorgane und Nervensignale. Vereinfacht lässt sich sagen, dass für das Schmecken in erster Linie die Zunge zuständig ist, aber auch die Mundhöhle, der Rachenraum und sogar der Darm verfügen über die nötigen Sinneszellen. Diese Rezeptorstellen sind in Geschmacksknospen angeordnet, die sich in warzenartigen Geschmackspapillen befinden. Eine Knospe kann zwischen 50 und 150 Sinneszellen enthalten, wobei die Anzahl von Person zu Person und von Zunge zu Zunge aufgrund genetischer Unterschiede variiert. Personen, die als „Superschmecker“ gelten, haben durchschnittlich etwa 425 Geschmacksknospen pro Quadratzentimeter Zunge, während „Normalschmecker“ etwa 180 und „Nichtschmecker“ nur etwa 100 haben. Jede Geschmacksknospe enthält spezialisierte Sinneszellen, die auf unsere fünf Geschmacksrichtungen reagiert. Diese kennen wir als bitter, süß, sauer, salzig und umami, eine Geschmacksrichtung, die erst seit dem Jahr 2000 wissenschaftlich nachgewiesen und anerkannt ist und die auf Japanisch so viel wie fleischig, herzhaft, wohlschmeckend bedeutet. Die Sinneszellen in den Geschmacksknospen senden schließlich Signale über Nervenbahnen an das Gehirn. Dort werden sie in der Großhirnrinde verarbeitet und interpretiert. Basierend auf der Interpretation der Signale in Kombination mit Geruch und persönlichen Erfahrungen und Vorlieben erleben wir dann den Geschmack.
Was ist mit Schärfe? >>> Tatsächlich zählt Schärfe nicht zu den Geschmacksrichtungen, denn das, was wir als scharf empfinden, ist eigentlich ein Schmerz, der durch Capsaicinoide ausgelöst wird. Diese geschmacksneutralen Substanzen kommen beispielsweise in Chilischoten vor und reizen die Thermorezeptoren von Nerven, die sich in unserem Mund befinden. Das Gehirn reagiert darauf mit einem Schmerzempfinden woraufhin zur Linderung Endorphine ausgeschüttet werden, die wiederum ein angenehmes Gefühl erzeugen. Dieses Empfinden wird auch als Pepper-High bezeichnet.
Ohne Geruch, kein Geschmack >>> Ein wichtiger Partner, der bei dem Geschmacksempfinden nicht fehlen sollte, ist der Geruchssinn. Vielen wird das zum Beispiel bei einer starken Erkältung bewusst, bei der viele Lebensmittel plötzlich gar nicht oder gar ganz anders schmecken. Viele Substanzen muss man also erst riechen, bevor sie einen Geschmack erzeugen. Erst dann können die Rezeptoren die Aromen verarbeiten, die bei unserer Körpertemperatur von 37 Grad verdampft sind und sich im Rachenraum gesammelt haben. Auch beim Kauen gelangen die Geschmacksstoffe in die Nasenhöhlen und werden dort von den Riechzellen identifiziert und an das Gehirn weitergeleitet, wo sie schließlich verarbeitet werden. Das Interessante dabei: Laut Forschungsergebnissen des israelischen Weizmann-Instituts riecht jede Nase anders. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass dies vor allem an der Kombination der Gene liegt, die bei jedem Menschen unterschiedlich ist. Geschmack ist also wirklich individuell, das liegt aber nicht nur an den Genen, biologische, evolutionäre und kulturelle Faktoren haben ebenfalls einen Einfluss darauf, ob uns etwas schmeckt oder eben nicht. Auch das Auge „isst natürlich mit“ uns beeinflusst unser Geschmacksempfinden.
Gewohntes schmeckt besser >>> Hinzu kommt das Umfeld, das unseren Geschmack ebenfalls prägt – die Vorlieben der Verwandten und Freunde, das Speiseangebot der jeweiligen Region, die Esskultur und das Geschmacksmuster der Kultur. Je bekannter etwas schmeckt, desto lieber mögen wir den Geschmack. Kaffee ist hierbei ein gutes Beispiel, denn dieser wird im jungen Erwachsenenalter gerne mit viel Milch und Zucker getrunken, um den herben, bitteren Geschmack zu überdecken. Erst Jahre später entdecken wir den eigentlichen Kaffeegenuss für uns. Dieses Phänomen ist als Mere-Exposure-Effekt bekannt: Selbst, wenn der Geschmack anfangs nicht besonders gefällt, genügt der bloße Kontakt mit einem Lebensmittel über einen längeren Zeitraum, damit Menschen ihn schätzen lernen. Geschmäcker können sich also verändern und das macht das Thema auch so spannend. Die vielen Einflüsse und persönlichen Veranlagungen lassen uns einen ganz individuellen Geschmack entwickeln, der sich im Laufe des Lebens immer noch weiterentwickeln kann.