In diesem Jahr feiert die Börner-Eisenacher GmbH ihr 140-jähriges Bestehen. Im Charakter-Interview sprechen die Geschäftsführer Benjamin Krieft (Foto links) und Christian Paare über ihr Unternehmen, die Branche und die eigene Lieblingswurst.
Interview: Ulrich Drees | Fotos: Börner Eisenacher
Herr Krieft, Sie haben die Börner-Eisenacher GmbH zum 1. Januar 2023 übernommen. Welche Rolle spielt im Jahr des 140-jährigen Bestehens die Tradition Ihrer Branche, die sich aktuell ja in einem Umwälzungsprozess befindet?
Aus der langen Geschichte unseres Handwerks und natürlich der Tradition unseres Familienunternehmens, das sich jetzt in der 5. Generation inhabergeführt erfolgreich entwickelt, ergibt sich für mich tatsächlich eine Verpflichtung. Ein Beispiel wäre unsere „Original Göttinger Stracke“, die wir seit Jahrzehnten sehr erfolgreich produzieren und die gewissermaßen zu unserer Unternehmens-DNA gehört. Gleichzeitig entwickeln wir uns sowohl im technischen als auch im Sortimentsbereich beständig weiter. Produkte, wie die Göttinger Stracke, die Göttinger Rostbratwurst oder die Göttinger Bregenwurst vermarkten wir heute vor allem rund um unseren „Kirchturm“, also in ca. 150-200 km Entfernung. Deutschlandweit ist für uns jedoch unser Bio-Segment entscheidend. Seit wir dort vor 18 Jahren mit unserer Bio-Salami eingestiegen sind, hat sich das sehr erfolgreich entwickelt. Heute produzieren wir auch Bio-Kochschinken, -Kasseler und -Bacon sowie Baconwürfel. Das macht aktuell ca. 75 Prozent unseres Umsatzes aus – und trotz eines insgesamt sinkenden Fleischkonsums entwickelt sich diese Nische weiter positiv. Im Geburtstagsjahr werden wir dank dieser Entwicklung erstmalig die 50-Mio.-Euro-Umsatzschwelle überschreiten. Darüber hinaus konnten wir unsere Mitarbeiterzahl seit Januar 2023 von 157 auf 190 steigern.
Welche Themen liegen aktuell an?
Mit unserer hohen Bio-Affinität setzen wir bereits in der Vorstufe, den landwirtschaftlichen Betrieben, auf ökologische und nachhaltige Erzeugung. Das wollen wir dann natürlich im eigenen Betrieb fortsetzen und investierten daher stetig, u. a. in Energiethemen, wie zuletzt in eine eigene Kälteerzeugung, wodurch wir unseren Energieverbrauch deutlich um 30 Prozent senken konnten. Aktuell steht das Thema Fernwärme ganz oben auf unserer Agenda. Wir sind uns unserer Verantwortung für Umwelt und Klima da sehr bewusst.
Herr Paare, was haben Tradition und Wurst miteinander zu tun?
Ohne die Grundlagen der Tradition ist eine gute Wurst kaum denkbar. Gute Rohstoffe, gute Gewürze und Zutaten sowie handwerkliches Können sind unverzichtbar, um unsere Kunden zufriedenzustellen. Gleichzeitig verbessern wir unsere Produkte beständig, um stets die bestmögliche Qualität anzubieten.
Herr Krieft, welche Rolle spielen Tradition und Moderne für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Das ist ein gewachsenes Verhältnis. In unserer Kutterei – also dort, wo die Wurst produziert wird – hat jetzt gerade der Sohn eines langjährigen Mitarbeiters seine Ausbildung begonnen. Wenn sich die Identifikation mit dem Beruf und dem Unternehmen über Generationen fortsetzt, freut mich das sehr. Diese Verbundenheit prägt uns als Familienunternehmen – eine Mitarbeiterin am Empfang hat beispielsweise schon unser 100-jähriges Jubiläum miterlebt.
Wie ist es um den Nachwuchs bestellt?
Glücklicherweise haben wir im Produktionsbereich gegenwärtig ein relativ junges Team, das sich mit viel Lust und Einsatzbereitschaft engagiert. Trotzdem müssen wir uns anstrengen, um weiter junge Menschen in die Ausbildung zu bekommen. Das liegt auch an den überholten Vorstellungen zum Beruf des Fleischers – es gibt vielfach noch die Idee, dass wir hier überall mit blutverschmierten Kitteln unterwegs wären. Dabei sind wir – abgesehen vom Innenleben mancher Maschinen – ein messerfreier Betrieb. Unser Fleisch wird verarbeitungsbereit angeliefert. Einzig unsere Auszubildenden nehmen im Unterricht noch mal ein Messer in die Hand.
Herr Paare, wie überzeugen Sie neugierige Bewerberinnen und Bewerber von Ihrem Beruf?
Zunächst durch Information. Dass unsere Arbeit von hochmodernen und miteinander vernetzten Maschinen geprägt ist, und unsere Arbeitsplätze sich wegen der Hygienevorschriften kaum von denen bei Sartorius unterscheiden, ist für viele Menschen überraschend. Investitionen in die Arbeitsbereiche unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine Rotation der unterschiedlichen Arbeitsschritte haben die körperlichen Belastungen enorm minimiert und bringen zudem eine verbesserte Flexibilität. Mein erfolgreichstes Argument ist jedoch, dass es einfach ein wenig Kunst braucht, um eine Wurst herzustellen. Denn unsere Wurst macht nicht nur satt, sie ist etwas, das Menschen genießen. Wenn ich z. B. beim Göttinger Entenrennen oder zuletzt beim Osterfeuer in Herberhausen sehe, wie gut den Konsumenten unsere Rostbratwurst schmeckt, dann freut mich das einfach. Mehr kann man nicht schaffen. Darüber hinaus kann jemand, der sich engagiert und wirklich Lust auf den Beruf hat, sehr schnell aufsteigen, gutes Geld verdienen, eine Familie ernähren, studieren und sogar einen Doktortitel machen. Gleichzeitig ist unser Beruf sehr zukunftssicher, denn Menschen werden immer etwas essen wollen, das ihnen schmeckt.
Apropos schmecken, welches wäre Ihre Lieblingswurst, Herr Krieft?
Da ich gern ein Rührei oder ein Spiegelei esse, schätze ich neben der Göttinger Stracke und der Rostbratwurst ganz besonders unseren Bacon.
Und wie ist es bei Ihnen, Herr Paare?
Ganz klar die Göttinger Stracke und die Göttinger Rostbratwurst. Zur Halbzeit beim Fußball eine Rostbratwurst im Brötchen und ein Bier dazu zu genießen, das ist wunderbar.
Herr Krieft, was ist zur Geburtstagsfeier geplant?
Wir werden eine Feier für unsere Belegschaft sowie unseren Beirat ausrichten. Ich freue mich schon darauf, mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzustoßen, denn ohne sie wäre unsere Arbeit nicht möglich. Ganz besonders schön ist, dass mit Frank-Walter und Silvia Eisenacher die 4. Generation und mit Margarete Eisenacher auch die 3. Generation unseres Familienbetriebs ihr Kommen angekündigt haben.
Ein Rückblick in die 60er-Jahre: Filialbetrieb in der Groner Straße
Benjmain Krieft, 44
Inhaber und Geschäftsführer
Benjamin Krieft begann 2013, als Vertriebsleiter und Prokurist für die Börner-Eisenacher GmbH zu arbeiten. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in der Fleisch-Branche hatte er sich zuvor in verschiedenen Unternehmen weiterentwickelt und qualifiziert. 2018 übernahm er die Geschäftsführung im Vertrieb, bevor er das Unternehmen im Rahmen eines Management-buy-outs zum 1. Januar 2023 übernahm.
Christian Paare, 54
Geschäftsführer Produktion und Technik
Christian Paare ist seit 2009 für die Börner-Eisenacher-GmbH tätig. Von der Position des stellvertretenden Verpackungsleiters entwickelte er sich 2014 zum Produktionsleiter und 2016 zum Betriebsleiter und Prokuristen. In dieser Funktion arbeitete er seit 2018 vertrauensvoll mit Benjamin Krieft zusammen, der ihm nach seiner Übernahme des Unternehmens die Position als Geschäftsführer für den Bereich Produktion und Technik anbot.
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