In Göttingen vereinen sich Keimzelle und Kompetenzzentrum der global agierenden Refratechnik-Gruppe. Im Interview erläutert Dr. Christian Meyre, Geschäftsführer der Refratechnik Cement GmbH, seine Perspektive auf die Fachkräfte-Herausforderung.
Interviews: Ulrich Drees | Fotos: Moritz Ruppert / Refratechnik Holding, Ulrich Drees
Herr Dr. Meyre, zu Ihren Kernprodukten zählt ein Stein, der bis zu 1.700 °C Hitze widerstehen kann. Aus welchen Berufsfeldern setzen sich Ihre Mitarbeiter zusammen, um in diesem Feld erfolgreich zu sein?
Natürlich haben wir die schlauen Köpfe, die sich definitiv auf das Thema feuerfest verstehen. Unter unseren mehr als 460 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier in Göttingen sind es im Verhältnis jedoch wenige. Ebenso wichtig sind Logistikexperten, Verkäufer, Einkäufer, Human-Resources-Spezialisten und viele weitere Berufsgruppen. Beispielsweise beschäftigen wir viele Menschen, die aus der Zementindustrie zu uns gekommen sind. Deren Know-how ist nicht in erster Linie die Feuerfestigkeit, sie wissen viel mehr ganz genau, was die Zementindustrie, die zu unseren Hauptabnehmern zählt, wirklich braucht. Wir sind erfolgreich durch Flexibilität, Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit. Wenn beispielsweise im Mai ein Kunde aus der Elfenbeinküste 15 Paletten Feuerfeststeine bestellt, die am 18. Oktober geliefert werden sollen – dann bekommt er die auch. Das zu gewährleisten, dazu braucht es auch Logistik-Fachleute, nicht nur Feuerfest-Spezialisten. Deshalb schauen wir uns jede Bewerbung genau an. Es ist sogar schon vorgekommen, dass ein guter Bewerber für eine ausgeschriebene Stelle sehr schnell in eine andere Position gewechselt hat, wo er seine Fähigkeiten noch besser einbringen konnte.
Neben der Frage, wie man Bewerberinnen und Bewerber findet, geht es heute für Unternehmen auch darum, vorhandene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten. Wie lösen Sie das?
Wir sehen das so: Mitarbeiter bleiben wegen ihrer Kollegen und gehen wegen ihrer Chefs. Also investieren wir zunächst einmal sehr bewusst in die Qualität und Kompetenz unserer Führungskräfte. Dass unsere Mitarbeiter die besten Chefs haben, ist aus unserer Sicht zentral für unseren Unternehmenserfolg.
Sie haben auch die Kollegen angesprochen. Arbeiten Sie auch gezielt an Ihrem Betriebsklima?
Natürlich legen wir Wert darauf. Doch wir wollen vor allem das Bewusstsein dafür stärken, dass jeder Einzelne von uns es in der Hand hat, für ein gutes Miteinander zu sorgen. Ob absichtlich oder nicht, jeder neue Mitarbeiter bringt hier eine Veränderung mit sich. Erst kürzlich haben wir erlebt, wie eine junge Praktikantin das Betriebsklima einer Abteilung entscheidend verändert hat. Wenn sich das alle verdeutlichen, dann profitiert nicht nur unser Miteinander, auch unser Unternehmen ist erfolgreicher, wenn unsere Unternehmenskultur stimmt.
Welche Rolle spielt das Thema Mitarbeiterentwicklung in diesem Zusammenhang?
Wir unterstützen es natürlich, wenn sich jemand beruflich weiterentwickeln möchte. Und dank unserer Größe sind wir dazu noch sehr individuell und ohne aufwendige Programme in der Lage. Auch wenn jemand beispielsweise einmal im Ausland arbeiten möchte – das zu ermöglichen, erfordert manchmal nur einen Anruf. Im Idealfall achten wir dabei darauf, einerseits vor Ort gewachsene Erfahrung und Know-how zu erhalten und andererseits immer wieder neue Impulse und Perspektiven zu gewährleisten.
Patryzia Freter, 34
Teamassistenz Qualitätswesen (seit 9 Jahren bei Refratechnik)
Frau Freter, wie sind Sie zu Refratechnik gelangt?
Durch meinen Mann Patrik, der bereits als Fuhrparkleiter für Refratechnik tätig war. Zuvor arbeitete ich im Vertrieb bei einem Verlag, wollte aber die Branche wechseln. Als er mir dann von einer freien Stelle bei Refratechnik erzählte, bot sich das an.
Sie haben zwei schulpflichtige Töchter – lässt sich das gut mit der Arbeit verbinden?
Man muss das schon gut organisieren. Neben der Möglichkeit zum mobilen Arbeiten sind insbesondere meine Chefs sehr entgegenkommend. Solange ich anfallende Aufgaben erledige, stört es niemanden, wenn dabei ein krankes Kind auf meinem Schoß sitzt. Auf diese Weise funktioniert es.
Wie war das während der Corona-Jahre, die ja in dieser Beziehung noch einmal eine besondere Herausforderung darstellten?
Obwohl es heute eine Erleichterung ist, mobil zu arbeiten, war das zu Corona-Zeiten erst einmal eine ziemlich anstrengende Situation. Meine jüngere Tochter war gerade zwei Jahre alt, und meine ältere in der Grundschule brauchte Homeschooling. In dieser Situation war ich wirklich froh, schon einige Zeit für Refratechnik tätig zu sein. Der Rückhalt meiner Kollegen, die wussten, dass ich wegen meiner beiden Kinder nicht immer erreichbar sein konnte, war eine wichtige Unterstützung. Genauso half die wirklich familienfreundliche Unternehmenskultur bei Refratechnik.
Lina-Sophie Rogoll, 26
Anwendungsentwicklerin mineralogische Untersuchungen (seit einem Jahr bei Refratechnik)
Frau Rogoll, womit befassen Sie sich als Anwendungsentwicklerin für mineralogische Untersuchungen?
Einfach ausgedrückt, schicken uns unsere Kunden Steine zu, die wir dann daraufhin untersuchen, was sie „feuertechnisch“ erlebt haben. Wir klären z. B., warum ein Stein bei der Zementherstellung nicht die vom Kunden erhofften Eigenschaften zeigte und schlagen Alternativen vor. Darüber hinaus bieten wir spezifische Schulungsseminare an, auf denen wir Kunden beispielsweise zeigen, welche Effekte sich mit alternativen Brennstoffen erzielen lassen.
Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?
Unsere Themen sind sehr komplex und kein Projekt ist wie das andere. Jeder Stein hat eine andere Geschichte. Hinzu kommt, dass überall auf der Welt der Zement anders hergestellt wird. Zunehmend werden auch alternative Brennstoffe wichtig, um klimaschonender zu produzieren – auch das müssen wir berücksichtigen. Insofern arbeite ich sehr eigenverantwortlich und immer nah an der Forschung – etwas, das mir viel Spaß macht.
Wie ist es, für ein Unternehmen wie Refratechnik zu arbeiten, dass zwar groß ist, aber noch keine klassischen Konzernstrukturen aufweist?
Ich finde das spannend, weil ich neben meinem Team hier in der Abteilung jeden Tag mit anderen Menschen zu tun habe. Bei all dem bleibt der Umgang immer sehr familiär und herzlich.
Andreas Mehl, 60
Manager strategische Projekte (seit 35 Jahren bei Refratechnik)
Herr Mehl, Sie arbeiten seit mehr als 35 Jahren bei Refratechnik. Welche beruflichen Positionen haben Sie ausgefüllt?
Angefangen habe ich in der Instandhaltungswerkstatt, deren Leitung ich nach vier Jahren übernahm. Von 2006 bis 2010 war ich dann in die technischen Aspekte des Aufbaus der Refratechnik-Werke in China eingebunden, bevor ich für vier Jahre die Leitung der neu entstandenen Abteilung „Automatisierungstechnik Global“ übernahm. Darauf folgten elf Jahre als Werksleiter. Vor zweieinhalb Jahren übergab ich diese Position dann im Zuge eines Generationswechsels an Dr. Diana Fähsing, die ich noch selbst eingestellt habe. Unser Geschäftsführer, Christian Meyre, bot mir damals einen echten Traumjob an: Manager strategische Projekte, mit der Herausforderung eine komplette Pressenlinie mit einem neuen Zulieferer für den Standort Gochsheim zu etablieren. Eine extrem reizvolle Aufgabe, denn dabei geht es um maßgeschneiderte Lösungen.
So lange einem Unternehmen treu zu bleiben, ist heute selten. Was hat Sie gehalten?
Es gab immer wieder neue technische Herausforderungen zu lösen. Gleichzeitig wurde ich in meiner persönlichen Entwicklung kontinuierlich gefördert. Ich habe es durchgängig als Privileg empfunden, für Refratechnik arbeiten zu dürfen. Nicht nur, weil es für mich stets aufwärts ging, sondern auch, weil ich mich dabei stets als Teil eines tollen Teams fühlte.
Malte Kimmina, 22
Auszubildender Industriemechaniker (seit einem Jahr bei Refratechnik)
Herr Kimmina, warum haben Sie sich für eine Ausbildung bei Refratechnik entschieden?
Da ich einen Beruf im technischen Bereich suchte, war die Industriemechanik für mich der erste Anlaufpunkt. Als ich mir dann verschiedene Betriebe ansah, hat mich das Gesamtbild bei Refratechnik überzeugt. Hier passte es einfach.
Wie ist das, als junger Mensch in einem großen Unternehmen zu arbeiten?
Es geht hier deutlich familiärer zu, als ich erwartet hätte. Refratechnik bildet ja immer mehrere Menschen gleichzeitig aus, ich bin also nicht der einzige Azubi. Und da ich auch sonst meist mit einem überschaubaren Team zusammenarbeite, lernen wir uns schnell besser kennen.
Entspricht die Ausbildung Ihren Erwartungen?
Sie wurden sogar übertroffen. Ich habe zuvor studiert und mich dann jedoch für die Ausbildung entschieden, weil ich praktischer arbeiten wollte. Wie vielseitig die Ausbildung ist, hat mich dann allerdings überrascht. Es gibt viele digitale Aspekte und bei Interesse werden auch Inhalte aus dem Bereich Produktdesign oder der Umgang mit 3D-Druck vermittelt.
Wollen Sie nach Ihrer Ausbildung bei Refratechnik bleiben?
Sehr gern. Auch von Unternehmensseite her wurde mir vermittelt, dass die Übernahmechancen wirklich gut sind. Ich würde mich dann gern als Techniker weiterentwickeln oder vielleicht meinen Meister machen.
Die Refratechnik-Gruppe
Als global aufgestellte Unternehmensgruppe der Feuerfest- und Rohstoffindustrie entwickeln die Einzelunternehmen der Refratechnik-Gruppe hoch spezialisierte Feuerfestprodukte, die in Kombination mit ausgereiften Service-Leistungen und Verfahrens-Know-how in industriellen Hochtemperaturprozessen eingesetzt werden. Zu den Kunden der Gruppe zählen die Zement-, Kalk-, Keramik-, Stahl-, Aluminium-, NE-Metall- und Glas-Industrie. Die Refratechnik-Gruppe geht auf die von dem Ingenieur Karl Albert 1950 in Vogelbeck gegründeten Steinwerke Feuerfest zurück, die 1952 an den Standort in Göttingen umzogen und 1964 in Refratechnik GmbH unbenannt wurden.
Refratechnik Cement GmbH
Rudolf-Winkel-Straße 1
37079 Göttingen
Telefon: 05 51 / 69 41-0
info@refra.com
www.refra.com