Das Lei­tungs­team des CAR-T Pro­gramms mit Anke Warne­cke, Dr. Jus­tin Hasen­kamp, Prof. Dr. Gerald Wulf, Dr. Wolf­ram Jung und Lisa Schä­fer. Foto: UMG-G-CCC, Lan­ge

Das Zen­trum für Häma­to­lo­gi­sche Neo­pla­si­en stellt sich vor.

Text: Kli­nik für Häma­to­lo­gie und Medi­zi­ni­sche Onko­lo­gie der UMG | Fotos: UMG

Die Erkennt­nis­se zu Mecha­nis­men der Ent­ste­hung und Ent­wick­lung bös­ar­ti­ger Erkran­kun­gen im blut­bil­den­den Sys­tem, den Leuk­ämien und Lym­pho­men, haben in den letz­ten Jahr­zehn­ten in gro­ßem Maß­stab zuge­nom­men. Tech­no­lo­gi­sche Fort­schrit­te in der bio­me­di­zi­ni­schen For­schung haben erlaubt, die Ver­än­de­run­gen in den gene­ti­schen Infor­ma­tio­nen und den Signal­we­gen von Zel­len zu erken­nen und zu ver­fol­gen, wel­che zu unge­re­gel­tem Wachs­tum der Leuk­ämien und Lym­phome füh­ren. Damit konn­ten in Tumor­zel­len Ziel­struk­tu­ren iden­ti­fi­ziert wer­den, die mit spe­zi­fisch zu die­sem Zweck ent­wor­fe­nen Medi­ka­men­ten ziel­ge­nau und hoch effek­tiv gehemmt wer­den kön­nen, um die Krebs­er­kran­kung zurück­zu­drän­gen. Par­al­lel hat die For­schung im Bereich der Immu­no­lo­gie die Funk­ti­ons­ab­läu­fe im Immun­sys­tem so ein­ge­hend ana­ly­sie­ren kön­nen, dass mit Hil­fe moder­ner Zell- und Gen­tech­no­lo­gie in der Zel­lu­lä­ren Immun­the­ra­pie geziel­te Ein­grif­fe in das Immun­sys­tem mög­lich gewor­den sind und die Anwen­dung eta­blier­ter The­ra­pie­ver­fah­ren wie der Stamm­zell­trans­plan­ta­ti­on deut­lich siche­rer wur­de. Die geziel­te Immun­the­ra­pie hat sich zu einer unver­zicht­ba­ren Säu­le in der mul­ti­mo­da­len The­ra­pie von Leuk­ämien und Lym­pho­men im Zen­trum für Häma­to­lo­gi­sche Neo­pla­si­en der Kli­nik für Häma­to­lo­gie und Medi­zi­ni­sche Onko­lo­gie der Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen (UMG) ent­wi­ckelt.

Gene­ti­sche Dia­gnos­tik bei Leuk­ämien und Lym­pho­men >>> Die Grund­la­gen­for­schung hat für die meis­ten Leuk­ämien und Lym­phome Mus­ter gene­ti­scher Ver­än­de­run­gen beschrie­ben, die aus­lö­send und erkran­kungs­be­glei­tend regel­haft in den erkrank­ten Zel­len ent­deckt wer­den kön­nen. Zusam­men mit der patho­lo­gi­schen Dia­gno­se und wei­te­ren Labor­da­ten tra­gen die Erkennt­nis­se aus Zyto­ge­ne­tik und Mole­ku­lar­ge­ne­tik ent­schei­dend dazu bei, die Aus­prä­gung einer Leuk­ämie oder eines Lym­phoms wei­ter zu dif­fe­ren­zie­ren bzw. ander­wei­ti­ge Erkran­kun­gen aus­zu­schlie­ßen. Es kön­nen Aus­sa­gen zur Pro­gno­se getrof­fen und The­ra­pie­ver­läu­fe wäh­rend der Behand­lung über­wacht wer­den. Im Labor für Indi­vi­du­el­le Genom­dia­gnos­tik für Häma­to­lo­gie und Onko­lo­gie (INDIGHO) der UMG unter Lei­tung von Prof. Dr. Det­lef Haa­se erar­bei­tet ein Team von ärzt­li­chen, wis­sen­schaft­li­chen und tech­ni­schen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern für Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit häma­to­lo­gi­schen Neo­pla­si­en die indi­vi­du­el­le mole­ku­la­re Typi­sie­rung der Erkran­kung, wel­che eine prä­zi­se und indi­vi­du­el­le The­ra­pie­pla­nung und Über­wa­chung erlaubt. Über die­se Arbeit hin­aus ver­tritt das wis­sen­schaft­li­che Team um Prof. Haa­se mit grund­le­gen­den Arbei­ten einen Schwer­punkt im Bereich der For­schung zum Mye­lo­dys­plas­ti­schen Syn­drom (MDS), einer Leuk­ämie­vor­stu­fe.

Immun­the­ra­pie zusätz­li­che Säu­le der mul­ti­mo­da­len Krebs­the­ra­pie >>> Seit den Anfän­gen tumor­spe­zi­fi­scher Sys­tem­the­ra­pien ist die Che­mo­the­ra­pie zu einem fein dif­fe­ren­zier­ten Sys­tem von Sub­stan­zen und Kom­bi­na­tio­nen ent­wi­ckelt wor­den, das heu­te das Rück­grat der Behand­lung häma­to­lo­gi­scher Neo­pla­si­en dar­stellt. Ab den 2000er Jah­ren kamen zunächst die sog. mono­klon­a­len Anti­kör­per hin­zu, die ziel­ge­nau Struk­tu­ren auf Tumor­zel­len erken­nen und mit­hil­fe Tumor-/Kör­per-eige­ner Mecha­nis­men einen wich­ti­gen Bei­trag leis­ten, Leuk­ämie- oder Lym­phom­zel­len zurück­zu­drän­gen. Wei­ter­ent­wick­lun­gen die­ser Tech­no­lo­gie erlau­ben heu­te, che­mo­the­ra­peu­ti­sche Sub­stan­zen gezielt an und in die Leuk­ämie- oder Lym­phom­zel­len zu tra­gen (Anti­kör­per- Che­mo­the­ra­pie-Kon­ju­ga­te) oder im Kör­per des Pati­en­ten Immun­zel­len auf die Tumor­zel­le zu len­ken und dadurch deren Eli­mi­na­ti­on zu ver­mit­teln (bi-spe­zi­fi­sche Anti­kör­per). Dar­über hin­aus erlau­ben bio­tech­no­lo­gi­sche Fort­schrit­te heu­te, Immun­zel­len aus dem Blut­strom erkrank­ter Per­so­nen zu ent­neh­men, die­se im Labor mit Rezep­to­ren zur Anhef­tung an die Tumor­zel­len (Chi­mä­re Anti­gen­re­zep­to­ren, CARs) zu ver­se­hen und nach Zell­ver­meh­rung den Erkrank­ten zurück­zu­ge­ben. Die mit CARs aus­ge­stat­te­ten Immun­zel­len kön­nen dann die Leuk­ämie- oder Tumor­zel­len im Gewe­be selbst­stän­dig auf­spü­ren und gezielt eli­mi­nie­ren. Die­ses tech­no­lo­gisch auf­wän­di­ge Ver­fah­ren hat sich zu einer The­ra­pie­form ent­wi­ckelt, die Erkrank­ten mit bestimm­ten For­men fort­ge­schrit­te­ner Lym­phome oder Mye­lo­me die Chan­ce auf lang­fris­ti­ge Erkran­kungs­frei­heit eröff­net. CAR-basier­te The­ra­pie ergänzt damit die Stamm­zell­trans­plan­ta­ti­on, bei der nach vor­be­rei­ten­der Che­mo- oder Strah­len­the­ra­pie die kör­per­ei­ge­nen Stamm­zel­len bei der auto­lo­gen Trans­plan­ta­ti­on oder die Zel­len eines Fami­li­en- oder Fremd­spen­ders bei der allo­ge­nen Stamm­zell­trans­plan­ta­ti­on über­tra­gen wer­den.
Unter Lei­tung von Prof. Dr. Gerald Wulf und koor­di­niert von Anke Warne­cke wer­den in Zusam­men­ar­beit mit der Zen­tral­ab­tei­lung Trans­fu­si­ons­me­di­zin der UMG in der Sek­ti­on für Stamm­zell­trans­plan­ta­ti­on und zel­lu­lä­re The­ra­pie auf den Sta­tio­nen 3022 und 0123, gelei­tet von Dr. Wolf­ram Jung bzw. Dr. Jus­tin Hasen­kamp, pro Jahr etwa 150 Stamm­zell­trans­plan­ta­tio­nen und 40 CAR-T Zell­the­ra­pien durch­ge­führt. Dar­über hin­aus wer­den auf den Sta­tio­nen 3023 und 5024 unter Lei­tung von Dr. Nils Brö­kers und Dr. Han­nes Trei­ber sowie in der Inter­dis­zi­pli­nä­ren Kurz­zeit Onko­lo­gie (IKO) und der Hämatologisch/Onkologischen Ambu­lanz unter Lei­tung von Dr. Tobi­as Over­beck, Dr. Chris­toph Szus­zi­es und Dr. Gre­the Brüg­mann die Anti­kör­per ver­mit­tel­ten The­ra­pie­ver­fah­ren ein­ge­setzt und die Patient*innen nach­be­treut. Ein beson­de­rer Schwer­punkt in die­sem Bereich liegt in der Wei­ter­ent­wick­lung der The­ra­pie von Lym­pho­men. Ins­be­son­de­re im Netz­werk der Ger­man Lym­pho­ma Alli­ance (GLA) kann mit Unter­stüt­zung des UMG Stu­di­en­ma­nage­ments vie­len Erkrank­ten die Teil­nah­me an kli­ni­schen Stu­di­en zur wei­te­ren The­ra­pie­op­ti­mie­rung und der frü­he Zugang zu inno­va­ti­ven zel­lu­lä­ren Pro­duk­ten ange­bo­ten wer­den. Für Situa­tio­nen bis­her beson­ders schwie­ri­ger Erkran­kungs­si­tua­tio­nen arbei­tet im Grund­la­gen­la­bor das Team der Arbeits­grup­pe Wulf in Zusam­men­ar­beit mit dem Insti­tut für Mole­ku­la­re und Zel­lu­lä­re Immu­no­lo­gie der UMG an eige­nen CAR-basier­ten The­ra­pie­an­sät­zen.

Kran­ken­ver­sor­gung in Netz­wer­ken >>> Das Zen­trum für Häma­to­lo­gi­sche Neo­pla­si­en ist in zahl­rei­che Netz­wer­ke ein­ge­bun­den. In der Kli­nik für Häma­to­lo­gie und Medi­zi­ni­sche Onko­lo­gie füh­ren dem Leit­bild des Onko­lo­gi­schen Spit­zen­zen­trums, dem Com­pre­hen­si­ve Can­cer Cen­ter (CCC-N), fol­gend defi­nier­te Pati­en­ten­pfa­de von der Vor­stel­lung und Dia­gnos­tik in der Hämatologisch/Onkologischen Ambu­lanz über die inter­dis­zi­pli­nä­re Dis­kus­si­on und Fest­le­gung der Vor­ge­hens­wei­se im Tumor­board zur sta­tio­nä­ren Behand­lung oder zur ambu­lan­ten The­ra­pie in der IKO. Dabei arbei­tet die Kli­nik eng mit den häma­to­lo­gi­schen und onko­lo­gi­schen Schwer­punkt­pra­xen der Regi­on zusam­men und koope­riert ins­be­son­de­re für zel­lu­lä­re The­ra­pie­ver­fah­ren in einem über­re­gio­na­len Netz­werk mit häma­to­lo­gi­schen Zen­tren und Fach­ab­tei­lun­gen. Die Pati­en­ten­ver­sor­gung ist dabei ein­ge­bet­tet in natio­na­le und inter­na­tio­na­le Ein­rich­tun­gen und Struk­tu­ren zur Qua­li­täts­si­che­rung und For­schung wie z. B. der EBMT, zu deren Akti­vi­tä­ten das Zen­trum für Häma­to­lo­gi­sche Neo­pla­si­en maß­geb­lich bei­trägt.

Das Team der Kli­nik für Häma­to­lo­gie und Medi­zi­ni­sche Onko­lo­gie. Foto: UMG-G-CCC, Lan­ge

Mit­ar­bei­te­rin­nen des INDIGHO Labors ana­ly­sie­ren gene­ti­sche Befun­de einer indi­vi­du­el­len Leuk­ämie­er­kran­kung.
Foto: UMG/Kimmel

Im For­schungs­la­bor sam­meln sich CAR-modi­fi­zier­te Immun­zel­len (grau) um Lym­phom­zel­len (blau) und lösen den Tod (grün) der Tumor­zel­len (vio­lett) aus.
Foto: UMG/K.L.Thomson, B.Sc.

Prof. Dr. Gerald Wulf
Kom­mis­sa­ri­scher Kli­nik­di­rek­tor

Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen
Kli­nik für Häma­to­lo­gie und Medi­zi­ni­sche Onko­lo­gie
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Tele­fon: 05 51 / 39-6 20 50
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