Dr. Ákos Farkas, Simon Kaltenhäuser, Dr. Erik Hoppe, Nico Straub, Sven Biedermann
Im Charakter-Interview erläutert Dr. Erik Hoppe, Gründer der Bioventure Holding GmbH, wie Bioventure Investitionen tätigt, die medizinische Innovationen Realität werden lassen.
Interview: Ulrich Drees | Fotos: Ulrich Drees, Adobe Stock
Herr Hoppe, worum geht es bei Bioventure im Kern?
Wir wollen gute Wissenschaft für Menschen nutzbar machen. Dazu investieren wir in innovative Biotechnologie- und Life-Science-Unternehmen, die wissenschaftliche Ergebnisse in ein Produkt oder eine Therapie überführen, die dann letztlich anwendbar werden.
Wie kamen Sie darauf, aus diesem Ansatz ein Geschäftsmodell zu entwickeln?
Die Idee reifte Ende der 90er-Jahre. Damals erlebte ich, wie verfügbare Ressourcen häufig nicht in die besten Projekte flossen, sondern in diejenigen, die am lautesten auf sich aufmerksam machten. Als Biochemiker empfand ich das als ungerecht. Deshalb haben mein inzwischen sechsköpfiges Team und ich eine Beratungsleistung für Biotech- und Life-Science-Firmen entwickelt, die wirklich guten Ideen helfen soll, Wissenschaft zur Anwendung zu bringen und diese Anwendung dann so zu skalieren, dass sie auch auf großen Märkten funktioniert. Daraus entwickelte sich dann die Investment-Tätigkeit, die Bioventure heute definiert.
Was gab den Anstoß, von der Beratung zur Investmenttätigkeit zu wechseln?
Während der Beratung erkannten wir, was unternehmerisch funktioniert, und tauschten uns dabei auch mit vermögenden Privatinvestoren aus. Gleichzeitig erlebten wir Beispiele dafür, wie wenig den Venture Capital Fonds eigentlich an den Unternehmen lag, in die sie das Geld ihrer Kunden investierten. Wir beobachten teils zu große Finanzierungsrunden, die zu ineffizienter Mittelverwendung führten, und teils auch sehr kurzfristige Investmenthorizonte, die den Wertschöpfungszyklen von Life-Science-Unternehmen nicht gerecht wurden. Also haben wir ca. 2010 begonnen, unser Know-how mit unserem Netzwerk an vermögenden Privatinvestoren zusammenzuführen. Die erste Unternehmensbeteiligung erfolgte dann 2012. Sie wurde dann 2020 sehr erfolgreich wieder verkauft.
Wo unterscheidet sich Ihr Ansatz?
Im Unterschied zu einem Investmentfond, der zuerst Geld einsammelt und es dann investiert, identifizieren wir zunächst ein interessantes Projekt. Das prüfen wir dann auf Herz und Nieren, räumen mögliche Hindernisse aus und „erklären“ es so, dass es auch für Laien verständlich wird. Erst im letzten Schritt stellen wir es unseren Investoren vor. Wer sich dann für eine Investition entscheidet, wird Teil einer für jedes Projekt spezifischen Investmentgesellschaft, eines Bioventure Club Deals. Da wir als Bioventure-Gruppe inzwischen auch selbst in diese Gesellschaften investieren, werden wir für diejenigen, die uns ihr Geld anvertrauen, zu echten Partnern. Mit dieser Vorgehensweise vermeiden wir auch den Druck, uns anvertrautes Geld rasch irgendwo unterbringen zu müssen. Wir investieren nur in Projekte, die uns selbst begeistern.
Begeisterung klingt nach einem strengen Kriterium.
Diese Begeisterung ist wichtig, weil wir ein gutes Projekt mit einer unternehmerischen Perspektive entwickeln wollen. Wir bringen nicht nur unser Geld und unseren Entrepreneur-Spirit ein, sondern auch den der Mitglieder unseres Netzwerks, das zumeist aus Menschen mit hohem unternehmerischem Sachverstand besteht. Sie überzeugen zu müssen, ist tatsächlich ein strenger Qualitätsfilter, der uns zwingt, unsere eigene Begeisterung kritisch zu prüfen. Wir müssen auf jede Frage eine gute Antwort haben. Überzeugen wir nicht, stimmt etwas noch nicht. Nur mit diesem Anspruch können wir die entsprechenden Summen – wir haben teilweise schon zweistellige Millionenbeträge in ein Projekt investiert – einwerben.
Wie werden Sie auf Projekte aufmerksam und was geschieht dann?
Wir verfügen inzwischen über breite, internationale Netzwerke, die unsere eigene Arbeit ergänzen. Wenn uns etwas begegnet, das uns inhaltlich überzeugt, sehen wir uns die sonstigen Aspekte an. Ist der Lizenzvertrag in Ordnung? Überzeugt uns das Team? Statt wie ein Venture-Capital-Fond weiterzuziehen, wenn hier etwas noch nicht überzeugt, bieten wir unsere Unterstützung an und helfen das betreffende Unternehmen investitionsreif zu machen. Das kostet manchmal viel Geld und oft auch Zeit, aber es sorgt auch für eine fundierte Vertrauensbasis. Hier zahlt sich aus, dass wir zu Beginn eines Projekts sehr flexibel agieren können, bis wir es unserem Netzwerk präsentieren.
Wie geht es dann weiter?
Anders als klassische Venture Capital Fonds unterliegen wir nicht einer festen Zehnjahresfrist, bei denen es nach den Arbeiten am Anfang und Ende ja meist ohnehin nur für fünf Jahre tatsächliche Investition reicht. Wenn wir investieren, fließt das Geld vom ersten Tag an in das Projekt, weil wir alles andere bereits geklärt haben. Unsere Investmentgesellschaften bestehen auch nicht nur für zehn Jahre. Wir bleiben solange in einem Projekt, bis ein Ausstieg tatsächlich sinnvoll ist. Viele Biotech-Unternehmen sind Projekte auf Zeit, die an bestimmten Punkten verkauft werden müssen, damit dann zum Beispiel die Pharmaindustrie mit ihren Ver- triebs-Ressourcen den nächsten Schritt umsetzen kann. Doch prinzipiell erlaubt uns unsere Herangehensweise, mit einem Projekt bis an den Markt zu gehen, Gewinne zu erzielen und Dividenden auszuschütten.
Welche Rolle spielen die Investitionsgesellschaften, die Bioventure Club Deals, dabei?
Für uns ist ein Investment nicht nur eine passive Anlage, sondern eine Verbindung zu einer lebendigen Community. Obwohl diese Idee zuerst eher projektbezogen war, ist inzwischen projektübergreifend eine wunderbare Community von Unternehmern entstanden, die gemeinsame Werte teilen und sich für spannende Projekte interessieren. Diese Menschen verbindet zwar ein sprichwörtliches Luxusproblem – sie müssen Geld anlegen –, doch sie wollen eben nicht noch ein Haus kaufen und vermieten. Stattdessen begeistern sie sich beispielsweise dafür, ihr Geld für die Heilung von HIV zu investieren oder dazu beizutragen, dass in Göttingen entwickelte Herzpflaster zu realisieren – um nur zwei unserer Projekte zu benennen.
Bioventure und Göttingen
Obwohl ein Finanzzentrum wie Frankfurt für ein Unternehmen wie Bioventure vielleicht naheliegender wäre, bekennt sich Firmengründer Dr. Erik Hoppe klar zum Standort Göttingen. „Wir sind hier genau richtig, denn Göttingen ist die Stadt, die Wissen schafft. Und ich liebe Wissenschaft. Nicht nur, weil wir in sie investieren, sondern zur Gänze. Gute Wissenschaft zu erleben, ist für mich wie ein gutes Konzert für einen Musikliebhaber. Dazu gehört auch die Vorfreude auf den Erfolg eines Projekts. Ich bin beispielweise sehr zuversichtlich, dass HIV heilbar wird, weil wir das Unternehmen unterstützen, das dies erreichen wird. Das ist einfach sehr schön. Ganz davon abgesehen, wäre es nicht eine gute Idee, in Göttingen einen Life- Science-orientierten „Financial Hub“ zu etablieren? Wir sind in Göttingen genau am richtigen Ort.“
Dr. Erik Hoppe
Gründer und Geschäftsführer
Bioventure Management GmbH
Gerhard-Gerdes-Straße 7
37079 Göttingen
Telefon: 05 51 / 48 97 34 50
info@bioventure.de
www.bioventure.de