Für ein gemein­sa­mes Regio­nal­mar­ke­ting haben sich die Ver­ant­wort­li­chen auf das The­ma Life Sci­en­ces geei­nigt. Doch was ist damit gemeint und birgt eine Fokus­sie­rung auf die „Bio­tech­no­lo­gien“ wirk­lich die erhoff­ten Chan­cen?

Text: Ulrich Drees | Fotos: KWS, Ado­be Stock

Seit August die­ses Jah­res sind „wir“ auf dem Weg zum Life Sci­ence Val­ley Nie­der­sach­sen. „Wir“, das sind in die­sem Fal­le die Land­krei­se Göt­tin­gen und Nort­heim sowie die Stadt Göt­tin­gen. Das Life Sci­ence Val­ley Nie­der­sach­sen ist dabei nicht nur die „Über­schrift“ eines noch genau­er aus­zu­ar­bei­ten­den süd­nie­der­säch­si­schen Regio­nal­mar­ke­tings – es soll auch eine zukünf­ti­ge, inter­na­tio­nal wie natio­nal rele­van­te Life-Sci­ence-Regi­on abbil­den, die zwar nie­der­sach­sen­weit benannt, aber doch zen­tral auf den Süden unse­res Bun­des­lan­des bezo­gen sein soll.
So liest sich zumin­dest die gemein­sa­me Absichts­er­klä­rung, die am 13.08.2024 auf der 20-Jahr­fei­er der Süd­nie­der­sach­sen­Stif­tung ver­öf­fent­licht wur­de. Zu den Unter­zeich­nern gehör­ten der nie­der­säch­si­sche Minis­ter­prä­si­dent Ste­phan Weil, Prof. Dr. Wolf­gang Brück, Spre­cher des Vor­stan­des der Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen, Tat­ja­na Kas­per, Mana­ging Direc­tor der Life Sci­ence Val­ley GmbH, Dr. Joa­chim Kreuz­burg, Vor­stands­vor­sit­zen­der der Sar­to­ri­us AG, Mar­cel Rie­thig, Land­rat Land­kreis Göt­tin­gen und Stif­tungs­rats­vor­sit­zen­der der Süd­nie­der­sach­sen­Stif­tung, sowie Flo­ri­an Renn­eberg, deren stell­ver­tre­ten­der Vor­stands­vor­sit­zen­der.

Gute Absich­ten im Rea­li­täts­check >>> Ein viel­ver­spre­chen­der Plan, denn Süd­nie­der­sach­sen kann von einer gemein­sa­men Iden­ti­tät und Mar­ke nur pro­fi­tie­ren, und die Life Sci­en­ces gel­ten schon heu­te als Wirt­schafts­bran­chen mit gro­ßem Zukunfts­po­ten­zi­al. Doch wer sich in der Regi­on umhört, der wird vie­le Men­schen tref­fen, denen sich noch nicht so recht erschließt, was sie davon haben, fort­an im „Tal der Lebens­wis­sen­schaf­ten“ zu woh­nen.
Gleich­zei­tig gibt es jedoch auch Hin­wei­se dar­auf, dass die Life Sci­en­ces von man­chen regio­na­len Akteu­ren als pas­sen­de Basis für eine gemein­sa­me Iden­ti­tät und ein dar­auf aus­ge­rich­te­tes Mar­ke­ting gese­hen wer­den. Eine Online-Befra­gung der Süd­nie­der­sach­sen­Stif­tung ergab bereits im Okto­ber 2023 ent­spre­chen­de Ergeb­nis­se. Nach der vier­wö­chi­gen Betei­li­gungs­pha­se auf der Platt­form adho­cra­cy+ konn­ten rund 350 Bei­trä­ge aus­ge­wer­tet wer­den, die von 1800 ange­schrie­be­nen Bewoh­nern/-innen der Regi­on sowie aus­ge­wähl­ten poli­ti­schen Man­dats­trä­gern/-innen und Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­ten­den der Kom­mu­nen stamm­ten. Das Ergeb­nis zeig­te, dass die Befrag­ten sich in der Bedeu­tung von Wis­sen­schaft, Bil­dung und For­schung für die Regi­on einig waren, das Fach­kräf­te­mar­ke­ting als wich­tigs­te Auf­ga­be ansa­hen und die Life Sci­en­ces als mög­li­ches Fokus-The­ma mit gro­ßer Mehr­heit über­zeu­gend fan­den (Vgl. www.suedniedersachsenstiftung.de/fachkraefte-blog-80).
Nach­dem der Pro­zess spä­tes­tens seit der Absichts­er­klä­rung nun offi­zi­ell auf dem Weg ist, schrei­ten bei der Süd­nie­der­sa­chen­Stif­tung intern auch die Vor­ar­bei­ten zur Grün­dung einer für das ers­te Quar­tal 2025 geplan­ten GmbH vor­an, die sich dann des erwünsch­ten Regio­nal­mar­ke­tings anneh­men soll.
Bis sich Süd­nie­der­sach­sen von Gos­lar bis Hann. Mün­den als „Life Sci­ence Val­ley“ sehen mag, gibt es auch nach Grün­dung die­ser GmbH jedoch noch eini­ges zu tun. Wich­tig wird sein, dass die zu ent­wi­ckeln­de Mar­ke­ting-Stra­te­gie auch nach innen wirkt, denn sie wird nur erfolg­reich sein, wenn sie auch von den Bewoh­ner/-innen Süd­nie­der­sach­sens ange­nom­men wird.
Ein ers­ter Schritt dazu dürf­te die Not­wen­dig­keit sein, den Begriff „Life Sci­ence“ so zu „erzäh­len“, dass er auch für jene fass­bar wird, die nicht von Berufs wegen mit ihm kon­fron­tiert sind. Wor­um geht es also bei Life Sci­ence, bzw. genau­er gesagt bei den Life Sci­en­ces?

Life Sci­en­ces für alle >>> Schon die Über­set­zung Lebens­wis­sen­schaf­ten ver­mit­telt anschau­lich, wie umfas­send sich der Begriff Life Sci­en­ces ver­ste­hen lässt. Leben, das ist Viel­falt, das betrifft uns alle. Nicht nur, weil wir alle Lebe­we­sen sind und als sol­che von unse­rer Ernäh­rung und Gesund­heit abhän­gig sind, son­dern auch, weil wir als Lebe­we­sen eben­so auf funk­tio­nie­ren­de Öko­sys­te­me ange­wie­sen sind, wie wir in funk­tio­nie­ren­den Gesell­schafts­for­men mit ande­ren Men­schen zusam­men­le­ben wol­len. Die­ser brei­te Ansatz birgt jedoch eine gewis­se Belie­big­keit.
Im enge­ren, aka­de­mi­schen Sin­ne bezieht sich Life Sci­ence des­halb zunächst auf For­schungs­rich­tun­gen und Aus­bil­dungs­gän­ge, die auf der Wis­sen­schaft der Bio­lo­gie beru­hen, sich also mit allen The­men rund um Lebe­we­sen unter­schied­lichs­ter Art befas­sen. Jen­seits von Uni­ver­si­tä­ten hat sich der Begriff Life Sci­ence – oder genau­er gesagt Life Sci­en­ces – inzwi­schen eben­so als Bezeich­nung einer bestimm­ten Wirt­schafts­bran­che eta­bliert. Und da wir prak­tisch täg­lich auf die eine oder ande­re Wei­se mit den Life Sci­en­ces in Berüh­rung kom­men, wenn wir uns bei­spiels­wei­se die Hän­de waschen, etwas gegen unse­re Kopf­schmer­zen (unter)nehmen oder ein Bröt­chen zum Früh­stück essen, umfasst die­se Bran­che eine gro­ße Band­brei­te unter­schied­li­cher Unter­neh­men.

Von Rot bis Grün – Life Sci­ence boomt >>> Wur­de in der Ver­gan­gen­heit noch vor allem zwi­schen roten und grü­nen Life Sci­en­ces unter­schie­den, spre­chen Exper­ten/-innen welt­weit längst von einer gan­zen Rei­he ver­schie­de­ner Unter­be­rei­che (sie­he am Ende des Arti­kels), die in ihrer Gesamt­heit das gewal­ti­ge Poten­zi­al der Bio­tech­n­lo­gie-Bran­che ver­deut­li­chen.
Genau die­ses Poten­zi­al ist es, das den Erfolg eines süd­nie­der­säch­si­schen Life Sci­ence Val­leys auch über die rein wirt­schaft­li­chen Aspek­te hin­aus wün­schens­wert macht. Denn die über­wie­gen­de Mehr­heit der Life Sci­en­ces steht für eine über­zeu­gen­de posi­ti­ve Bot­schaft: Sie ver­bes­sern unser aller Leben mit zukunfts­wei­sen­den Inno­va­tio­nen. Life Sci­en­ces hel­fen, bis­her unheil­ba­re Krank­hei­ten zu besie­gen, gen­tech­nisch ver­än­der­te Impf­stof­fe ret­ten in Pan­de­mien Leben, und kli­ma­re­sis­ten­te Nutz­pflan­zen lin­dern den Hun­ger in der Welt.
Gelän­ge es tat­säch­lich, sol­che Ent­wick­lun­gen in Zukunft mit Göt­tin­gen oder Süd­nie­der­sach­sen zu ver­bin­den, wäre auch die Fra­ge, wie ein erfolg­ver­spre­chen­des Mar­ke­ting­kon­zept aus­zu­se­hen hät­te, hin­ter dem sich tat­säch­lich ganz Süd­nie­der­sach­sen ver­ei­nen könn­te, gelöst.
Doch zurück zu kon­kre­te­ren Vor­tei­len. In der Life-Sci­ence-Bran­che wird viel Geld ver­dient. Ihre Start-ups sind gefrag­te Inves­ti­ti­ons­ob­jek­te, erfolg­rei­che Unter­neh­men machen rie­si­ge Gewin­ne, und Staa­ten för­dern die Bran­che und die Wis­sen­schaft, die sie her­vor­bringt, mit hohen Sum­men. Ihre Stand­or­te sind des­halb auch für die Immo­bi­li­en­bran­che belieb­te Inves­ti­ti­ons­räu­me. All die­ses Geld kommt dann auf die eine oder ande­re Wei­se am Stand­ort an. Die Bau­bran­che baut Grün­der-Zen­tren, Labo­re und Unter­neh­mens­sit­ze. Ansied­lun­gen füh­ren zu stei­gen­den Steu­er­ein­nah­men für Kom­mu­nen, sodass die­se mehr Geld in Infra­struk­tur, Schu­len und Kitas flie­ßen las­sen kön­nen. Was wich­tig ist, denn die Unter­neh­men der Life-Sci­ence-Bran­che beschäf­ti­gen meist über­durch­schnitt­lich gut aus­ge­bil­de­te Fach­kräf­te, die bestimm­te Ansprü­che an ihre Wohn­or­te mit­brin­gen. Dafür geben sie dort jedoch auch viel Geld aus, bau­en Häu­ser, gehen essen oder zum Fri­seur.
Eine Ent­wick­lung, die ins­be­son­de­re in Deutsch­land bedeut­sam ist, das im Bereich Life Sci­en­ces als wich­tigs­ter euro­päi­scher Markt gilt. Der hie­si­ge Phar­ma­markt zählt welt­weit zu den vier größ­ten und wächst wei­ter. Es gel­ten robus­te gesetz­li­che Rah­men­wer­ke mit hohen Qua­li­täts­stan­dards, und ein gutes Ange­bot an qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal sorgt für einen gro­ßen Out­put in For­schung und Ent­wick­lung, der durch hohe Bil­dungs­stan­dards und die enge Ver­net­zung von Uni­ver­si­tä­ten, For­schungs­in­sti­tu­ten, Kran­ken­häu­sern und Pro­duk­ti­ons­un­ter­neh­men zu einer kon­ti­nu­ier­li­chen Wei­ter­ent­wick­lung bei­trägt.
Kein Wun­der also, dass es in Deutsch­land bereits mehr als 30 regio­na­le Initia­ti­ven zur För­de­rung von Bio­tech­no­lo­gie gibt, wobei Köln und Mün­chen zwar beson­ders her­aus­fra­gen, doch auch inter­na­tio­nal lie­gen zehn der hun­dert wich­tigs­ten glo­ba­len Clus­ter in Deutsch­land. Genaue Infor­ma­tio­nen über das exak­te Aus­maß der posi­ti­ven Ent­wick­lung in die­sen Clus­tern lie­gen zwar nur sel­ten vor, da die Aus­wir­kun­gen eines boo­men­den Life-Sci­ence-Clus­ters auf die wirt­schaft­li­chen Aspek­te einer Regi­on so viel­fäl­tig sind. Doch allein der Clus­ter Ham­bur­g/­Schles­wig-Hol­stein stei­ger­te sei­ne Wert­schöp­fung von 1,8 Mrd. € im Jahr 2012 auf 5,7 Mrd. € im Jahr 2021.
Unge­wöhn­lich stark wuchs der Life-Sci­en­ces-Sek­tor in Deutsch­land zwar 2020 zu Beginn der Coro­na-Pan­de­mie – die Umsät­ze der Gesamt­bran­che stie­gen um 36 %, die Inves­ti­tio­nen in For­schung und Ent­wick­lung um 37 %, und die Zahl der Beschäf­tig­ten stieg um 10 % –, doch Exper­ten sind sich sicher: Life Sci­en­ces sind eine abso­lu­te Zukunfts­bran­che.

Süd­nie­der­sach­sen als Life-Sci­ence-Val­ley >>> Aus die­ser Per­spek­ti­ve betrach­tet, ist es gut nach­voll­zieh­bar, war­um sich die Land­krei­se Göt­tin­gen und Nort­heim sowie die Stadt Göt­tin­gen letzt­lich auf die Life-Sci­ence-Bran­che als Kern der ange­streb­ten regio­na­len Mar­ken­bil­dung eini­gen konn­ten.
Im Cha­rak­ter-Inter­view (Edi­ti­on Früh­jahr 2024) begrün­de­te der Göt­tin­ger Land­rat Mar­cel Rie­thig die Ent­schei­dung nach­voll­zieh­bar: „In der Regi­on hängt jeder fünf­te Arbeits­platz mit der Bran­che zusam­men. Das ver­teilt sich auf „rote“ Life Sci­en­ces, das heißt Medi­zin und Bio­tech­no­lo­gie, und auf die „grü­nen“ Life Sci­en­ces, wie bei­spiels­wei­se Saat­gut­züch­tung. Selbst bei einer Fokus­sie­rung auf das The­ma Gesund­heits­we­sen kann Süd­nie­der­sach­sen punk­ten. Bei uns sind 12 % der Arbeits­plät­ze in die­sem Bereich ange­sie­delt, im Bun­des­durch­schnitt sind es nur 7 %. Wir ste­hen hier im Bran­chen­ver­gleich bun­des­weit auf Platz 1.“
Tat­säch­lich sind neben Unter­neh­men wie die Sar­to­ri­us AG, die Kon­zern­toch­ter Sar­to­ri­us Stedim Bio­tech GmbH, die Next­Phar­ma GmbH, die ame­des GmbH in Göt­tin­gen, Otto­bock in Duder­stadt und KWS Saat in Ein­beck auch an den ver­schie­de­nen süd­nie­der­säch­si­schen Uni­ver­si­tä­ten und Hoch­schu­len zahl­rei­che Insti­tu­tio­nen mit unter­schied­lichs­ten Life-Sci­ence-For­schungs­pro­jek­ten befasst. Die seit 2022 akti­ve Life Sci­ence Fac­to­ry, zu der auch die Life Sci­ence Val­ley GmbH gehört, zu deren Gesell­schaf­tern dar­über hin­aus Sar­to­ri­us und die UMG zäh­len, will bei­spiels­wei­se nicht nur den wis­sen­schaft­li­chen Fort­schritt im Life-Sci­ence-Bereich för­dern und die For­schung und Ent­wick­lung inno­va­ti­ver Tech­no­lo­gien mit einem kla­ren Anwen­dungs­fo­kus stär­ken, sie unter­stützt auch regio­na­le und über­re­gio­na­le Start-ups in die­sem Bereich bei ihrer Ent­wick­lung.
Auch dar­über hin­aus ist die Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen (UMG) – größ­ter Arbeit­ge­ber der Regi­on – eng mit den Life Sci­en­ces ver­bun­den. Mit dem Pro­jekt GOe FUTURE wird hier zusam­men mit wei­te­ren Part­nern an der Rea­li­sie­rung eines Start-up-Inku­ba­tors für Aus­grün­dun­gen im Bereich Life Sci­ence gerar­bei­tet, der im bes­ten Fall ab 2025 vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz mit einem Betrag im zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen-Bereich geför­dert wird.
Eben­so offen und enga­giert ist man für das The­ma an der Hoch­schu­le für ange­wand­te Wis­sen­schaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen HAWK, wobei es hier ins­be­son­de­re um die Aus­bil­dung der­je­ni­gen Fach­kräf­te geht, die dazu bei­tra­gen kön­nen, Inno­va­tio­nen aus der brei­ten süd­nie­der­säch­si­schen For­schungs-Com­mu­ni­ty in Anwen­dun­gen zu trans­fe­rie­ren. Das Schlag­wort hier lau­tet „Life Engie­nee­ring“.
Mit KWS Saat in Ein­beck ver­fügt Süd­nie­der­sach­sen auch im Bereich der grü­nen Life Sci­en­ces über ein erfolg­rei­ches Fami­li­en­un­ter­neh­men, das anschau­lich ver­deut­licht, wel­che Wir­kung ein ent­spre­chen­der, über­re­gio­nal Akteur gera­de im länd­li­chen Raum ent­fal­ten kann.
Wer sich in Süd­nie­der­sach­sen mit dem The­ma Life Sci­ence beschäf­tigt, kommt natür­lich auch an der Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen, den Max-Planck-Insti­tu­ten, dem Deut­schen Pri­ma­ten­zen­trum und dem Deut­schen Zen­trum für Neu­ro­de­ge­nera­ti­ve Erkran­kun­gen nicht vor­bei.

Wor­auf es jetzt ankommt >>> Das Life Sci­ence Val­ley Nie­der­sach­sen ist ange­sichts der ver­schie­de­nen Akteu­re und Akti­vi­tä­ten, die hier ent­fal­tet wer­den, sicher längst mehr als eine Absichts­er­klä­rung. Außer­halb von Fach­krei­sen spielt die „Mar­ke“ für die Bewoh­ner/-innen der Regi­on aller­dings noch kei­ne all­zu spür­ba­re Rol­le – von einer gemein­sa­men Iden­ti­tät ist Süd­nie­der­sach­sen hier sicher noch weit ent­fernt, zumal sich die ja viel­fach von gro­ßen, finan­zi­el­len Sor­gen geplag­ten Kom­mu­nen mög­li­cher­wei­se gegen­wär­tig schwer­tun wer­den, sich in wün­schens­wer­ter Wei­se zu enga­gie­ren.
Wie viel geziel­tes Stand­ort­mar­ke­ting also in den nächs­ten Mona­ten tat­säch­lich zu erwar­ten sein wird, bleibt noch rela­tiv unklar. Ent­spre­chen­de Stra­te­gien zu ent­wi­ckeln, aus­zu­ar­bei­ten und umzu­set­zen, wird weder von heu­te auf mor­gen mög­lich sein, noch sind schnel­le Resul­ta­te zu erwar­ten.
Dafür scheint man auf Sei­ten der regio­na­len Unter­neh­men und der Wis­sen­schaft bereits deut­lich wei­ter zu sein. An ver­schie­de­nen Stel­len sind Pro­jek­te auf dem Weg, bei denen es vor allem auch dar­um geht, die nöti­gen finan­zi­el­len Mit­tel zu sam­meln, um die Struk­tu­ren zu rea­li­sie­ren, die für eine leben­di­ge und hand­lungs­be­rei­te Start-up-För­der­land­schaft nötig sind. Die Vor­aus­set­zun­gen in Göt­tin­gen und der Regi­on sind zwei­fel­los gut bis sehr gut. Doch für die Visi­on einer flo­rie­ren­den Life-Sci­ence-Regi­on braucht es jetzt zwei Din­ge: viel Geld und Akteu­re, die quer durch alle Berei­che gut koor­di­niert an einem Strang zie­hen. Ob es gelingt, die Mit­tel ein­zu­wer­ben, und das noto­risch unru­hi­ge Süd­nie­der­sach­sen sich zusam­men­rau­fen kann, das wird sich jetzt zei­gen müs­sen.

SNIC Life Sci­ence Inku­ba­tor
Auch der SNIC Life Sci­ence Inku­ba­tor mit sei­nem Exper­ten­team um Jörn Lin­de­mann gehört zu den bereits akti­ven Tei­len des Life-Sci­ence-Grün­dungs­netz­werks in der Regi­on. Er hilft Grün­dungs­teams und Start­ups kos­ten­los dabei, ein erfolg­rei­ches Unter­neh­men auf­zu­bau­en und wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, z. B. star­tet ab Janu­ar 2025 bereit die 12. För­der­pha­se auf die sich jun­ge inno­va­ti­ve Life Sci­ence und Data Sci­ence Start­ups bis Ende Novem­ber bewer­ben konn­ten. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: www.gwg-online.de oder www.snic.de

Zum Namen
Der Name „Life Sci­ence Val­ley Nie­der­sach­sen“ wur­de in gemein­sa­mer Abstim­mung von der Uni­ver­si­täts­me­di­zin Göt­tin­gen, Sar­to­ri­us, KWS Saat und Otto Bock ent­schie­den. Die Mar­ken­ent­wick­lung selbst wur­de durch die Land­krei­se Göt­tin­gen und Nort­heim sowie der Stadt Göt­tin­gen finan­ziert. Die Wahl des Namens spie­gelt den Anspruch der Initia­ti­ve wider, gemein­sam mit dem Land Nie­der­sach­sen die Life Sci­en­ces aus unse­rer Regi­on her­aus gezielt zu för­dern und nach­hal­tig für das gesam­te Bun­des­land vor­an­zu­brin­gen. Obwohl es bereits eine Life Sci­ence Val­ley GmbH gibt, deren Gesell­schaf­ter die Life Sci­ence Fac­to­ry, Sar­to­ri­us und die UMG sind, und mit dem Life Sci­ence Val­ley Wachs­tums­fonds auch einen dazu­ge­hö­ri­gen Früh­pha­sen-Risi­ko­ka­pi­tal­fonds mit Sitz in Göt­tin­gen ent­schied man sich bewusst für Life Sci­ence Val­ley Nie­der­sach­sen, um bestehen­de Akti­vi­tä­ten in der Regi­on zu bün­deln und die Ent­ste­hung wei­te­rer oder par­al­le­ler Struk­tu­ren zu ver­mei­den. Ent­wi­ckelt wur­de der Name im Rah­men eines Ideen­wett­be­werbs in Zusam­men­ar­beit mit einer Agen­tur, die auch die gemein­sa­me regio­na­le Mar­ke ent­wi­ckelt hat.

Die Far­ben der Life Sci­en­ces
Bei einem Blick auf die „Far­ben“, mit denen Aus­prä­gun­gen der Bio­tech­no­lo­gie heu­te unter­schie­den weren, wird die Viel­falt der Life Sci­en­ces deut­lich.

Grün: Die­se Life Sci­ence kon­zen­triert sich auf Land­wirt­schaft und Pflan­zen­zucht. Neben gen­tech­nisch ver­än­der­ten Pflan­zen geht es z. B. um Anti­oxi­dan­ti­en oder Anbau­tech­nik im Gar­ten­bau, die Her­stel­lung von Bier oder Wein, Bio­re­ak­to­ren oder insek­ti­zi­de Wirk­stof­fe.
Rot: Zur medi­zi­ni­schen Life Sci­ence zäh­len neu ent­wi­ckel­te the­ra­peu­ti­sche Ver­fah­ren, die Her­stel­lung bio­lo­gi­scher The­ra­peu­tik und Impf­stof­fe, die rege­ne­ra­ti­ve Medi­zin inklu­si­ve Zell- und Gewe­be­tech­nik und Gen­the­ra­pie.
Weiß: Hier geht es um den Bereich, in dem Orga­nis­men oder deren Bestand­tei­le in der indus­tri­el­len Pro­duk­ti­on Ver­wen­dung fin­den. Dazu zäh­len auch Misch­for­men zur grü­nen Bio­tech­no­lo­gie, wie die indus­tri­el­le Ver­gä­rung zucker­hal­ti­ger Nah­rungs­mit­tel zu Alko­hol mit­hil­fe von Hefe.
Grau: Graue Life Sci­ence oder Umwelt-Bio­tech­no­lo­gie beinhal­tet z. B. Ver­fah­ren zur Auf­be­rei­tung von Trink­was­ser, Abwas­ser­rei­ni­gung oder die Sanie­rung kon­ta­mi­nier­ter Böden. Hier dreht sich aktu­ell alles um Bak­te­ri­en und ande­re Mikro­or­ga­nis­men – gele­gent­lich gen­tech­nisch modi­fi­ziert.
Braun: Die brau­ne Life Sci­ence hat Gemein­sam­kei­ten mit der grau­en und fin­det in Wüs­ten und auf wüs­ten­ähn­li­chen Böden Anwen­dung, wo sie den Anbau von Nutz­pflan­zen ermög­licht, z. B. mit gene­tisch modi­fi­zier­ten Orga­nis­men im Boden und ver­bes­ser­tem Saat­gut aus dem grü­nen Bereich.
Schwarz: Die schwar­ze Life Sci­ence bezieht sich auf bio­lo­gi­sche Waf­fen und deren Her­stel­lung unter Ein­satz z. B. von Krank­heits­er­re­gern, die sich in Waf­fen ver­wan­deln las­sen. Ein schreck­li­ches Bei­spiel wäre die Züch­tung von Milz­brand (Anthrax).
Blau: Hier geht es um alle bio­tech­no­lo­gi­schen Anwen­dun­gen, die Orga­nis­men aus Mee­ren oder Seen nut­zen oder auf sie abzie­len. Blaue Bio­tech­no­lo­gie ist z. B. als Zusatz oder Farb­stoff in Lebens­mit­teln oder Kos­me­tik ent­hal­ten.
Gelb: Die­se Form der Life Sci­en­ces befasst sich mit den mehr als eine Mil­li­on Insek­ten auf der Erde und den mög­li­chen Anwen­dun­gen, die sich aus ihrer Erfor­schung erge­ben. Bei­spiels­wei­se könn­ten neue Anti­bio­ti­ka aus dem asia­ti­schen Mari­en­kä­fer gewon­nen wer­den.