Julia Ticho­now, Ober­ärz­tin Psy­cho­so­ma­ti­sche Pri­vat­sta­ti­on; Dr. Chris­ti­an Fri­cke-Neef, Ärzt­li­cher Lei­ter des Askle­pi­os Fach­kli­ni­kums Tie­fen­brunn, Lei­ter der Pri­vi­ta-Kom­fort­sta­ti­on, Chef­arzt für Psy­cho­so­ma­ti­sche Medi­zin und Psy­cho­the­ra­pie

Mit einer Not­fall­am­bu­lanz, einer Tages­kli­nik und sta­tio­nä­ren Ange­bo­ten bie­tet die Pri­vi­ta-Kom­fort­sta­ti­on im Askle­pi­os Fach­kli­ni­kum Tie­fen­brunn ein umfas­sen­des Spek­trum an The­ra­pie­an­ge­bo­ten in einem ein­la­den­den Wohl­fühl-Ambi­en­te.

Inter­view: Ulrich Drees | Fotos: Ulrich Drees, Askle­pi­os

Herr Dr. Fri­cke-Neef, Frau Ticho­now, was ist für Sie aus medi­zi­ni­scher Sicht das Beson­de­re an der Pri­vi­ta-Kom­fort­sta­ti­on hier in Tie­fen­brunn?
C. F.-N.: Wir haben hier ein breit auf­ge­stell­tes Kom­pe­tenz­zen­trum, um Men­schen mit psy­chi­schen Erkran­kun­gen akut zu hel­fen und ihre Lebens­qua­li­tät lang­fris­tig zu ver­bes­sern. Das reicht von nied­rig­schwel­li­gen Ange­bo­ten im Rah­men von Not­fall­kon­tak­ten über ambu­lan­te und tages­kli­ni­sche The­ra­pien bis hin zur voll­sta­tio­nä­ren Behand­lung. In Anspruch neh­men kön­nen unse­re Behand­lungs­an­ge­bo­te: Pri­vat­ver­si­cher­te, Selbst­zah­len­de, Patient:innen mit Bei­hil­fe plus pri­va­ter Zusatz­ver­si­che­rung sowie gesetz­lich Ver­si­cher­te mit ent­spre­chen­den Zusatz­ver­si­che­run­gen.

Mit wel­chen Erkran­kun­gen kom­men Men­schen zu Ihnen?
C. F.-N.: Im aku­ten Bereich sind das oft beruf­li­che oder part­ner­schaft­li­che Kri­sen­si­tua­tio­nen, die bei­spiels­wei­se durch sich zuspit­zen­de Kon­flik­te oder Tren­nungs­si­tua­tio­nen aus­ge­löst wer­den. Dar­über hin­aus gibt es psy­cho­so­ma­ti­sche Krank­heits­bil­der, wie z. B. aku­te Schmerz­stö­run­gen. Län­ger­fris­tig behan­deln wir nicht sel­ten Men­schen, deren Bezie­hung durch Per­sön­lich­keits­stö­run­gen oder Schwie­rig­kei­ten in der Bezie­hungs­re­gu­lie­rung belas­tet wer­den. Das macht sich häu­fig in belas­te­ten beruf­li­chen oder fami­liä­ren Bezie­hun­gen bemerk­bar. In sol­chen Situa­tio­nen kann es dann bei­spiels­wei­se aus einer ambu­lan­ten The­ra­pie her­aus die Emp­feh­lung geben, bei uns eine Behand­lung in der Tages­kli­nik oder im sta­tio­nä­ren Bereich auf­zu­neh­men. Manch­mal ent­steht der Impuls auch direkt bei den Patient:innen oder aus deren Umfeld.
Wie setzt sich das Team der Pri­vi­ta zusam­men?
J.T.: Neben den Ärzt:innen aus dem Bereich der Psy­cho­so­ma­tik und den psy­cho­lo­gi­schen Kolleg:innen zählt das Fach­per­so­nal aus der Pfle­ge zu unse­rem mul­ti­pro­fes­sio­nel­len Team. Dazu kom­men die Komplementärtherapeut:innen aus der Kör­per-, Musik- und Gestal­tungs­the­ra­pie sowie dem Ergo- und Sport­the­ra­pie­be­reich. Dar­über hin­aus bie­ten wir Ent­span­nungs­ver­fah­ren, Phy­sio­the­ra­pie, Bio­feed­back- und Stress­to­le­ranz­grup­pen an. Wich­tig ist auch die Beglei­tung durch unse­re Sozi­al­ar­bei­te­rin, die unse­re Patient:innen z. B. bei der beruf­li­chen Ori­en­tie­rung und Ent­las­sungs­vor­be­rei­tung unter­stützt. Wie wir all die­se Res­sour­cen dann indi­vi­du­ell ein­set­zen, hängt vom Fokus der Behand­lung ab

Wie wird die­se mul­ti­pro­fes­sio­nel­le Zusam­men­ar­beit koor­di­niert?
J.T.: Nach Abschluss der dia­gnos­ti­schen Pha­se blei­ben wir neben den wöchent­li­chen Team­sit­zun­gen, Visi­ten und täg­li­chen Über­ga­ben in einem per­ma­nen­ten gegen­sei­ti­gen Aus­tausch und kön­nen so den indi­vi­du­ell gewähl­ten Fokus im Blick behal­ten. Dabei ist uns ein offe­ner Umgang und eine wert­schät­zen­de, unter­stüt­zen­de Zusam­men­ar­beit im Team wich­tig.

Wel­che For­men der Hil­fe bie­ten Sie an?
C. F.-N.: In unse­rer pri­vat­ärzt­li­chen Not­fall­am­bu­lanz kön­nen Patient:innen online über unse­re Inter­net­sei­te oder tele­fo­nisch sehr schnell einen Ter­min buchen. Wenn eine teil- oder voll­sta­tio­nä­re Behand­lung indi­ziert ist, bespre­chen wir gemein­sam mit den Patient:innen, wel­che The­ra­pie­dau­er erfor­der­lich ist, eher eine Kri­sen­in­ter­ven­ti­on über weni­ge Wochen oder eine län­ge­re The­ra­pie über zwei bis drei Mona­te.
J.T.: Dar­über hin­aus bie­ten wir auch geplan­te Inter­vall­the­ra­pien an, wenn pro­ble­ma­ti­sche Stö­run­gen bei­spiels­wei­se nicht aus­rei­chend in einer sta­tio­nä­ren Behand­lung bear­bei­tet wer­den kön­nen In der Zwi­schen­zeit hal­ten wir den Kon­takt zu unse­ren Pati­en­ten auf­recht.

Mit wel­cher Ziel­set­zung behan­deln Sie Ihre Patient:innen?
C. F.-N.: Anders als bei einer Blind­darm­ent­zün­dung kön­nen wir Pro­ble­me nicht mit einem Ein­griff besei­ti­gen. Wir kön­nen jedoch bestimm­te Erkran­kun­gen, wie etwa Schmerz­stö­run­gen, so gut behan­deln, dass zwar eine bestimm­te Emp­find­lich­keit für aus­lö­sen­de Fak­to­ren bleibt, Sym­pto­me wie Schmer­zen jedoch voll­stän­dig ver­schwin­den. In vie­len Fäl­len geht es unse­ren Patient:innen vor allem dar­um, ihre Bezie­hungs­fä­hig­keit so zu ver­bes­sern, dass der Umgang mit ande­ren Men­schen – ob pri­vat, beruf­lich oder in der Frei­zeit – weder ihre eige­ne Gesund­heit noch die jewei­li­gen Bezie­hun­gen belas­tet. Auch das kann gut gelin­gen.
J.T.: Ein ande­res Bei­spiel sind jun­ge Patient:innen, bei denen sich im Ver­lauf ihrer Ver­selbst­stän­di­gung Ent­wick­lungs­stö­run­gen ihrer Per­sön­lich­keits­stö­run­gen zei­gen. Dabei kön­nen wir sie unter­stüt­zen trotz einer bestehen­den Vul­nerabi­li­tät einen Umgang mit ihren Schwie­rig­kei­ten zu erler­nen.

Wie set­zen sich Ihre Patient:innen zusam­men?
C. F.-N.: Wir behan­deln ab 18 Jah­ren bis ins höhe­re Alter. Dar­un­ter sind auch vie­le jun­ge Erwach­se­ne, die sich noch in der beruf­li­chen Ori­en­tie­rung befin­den. Dabei haben wir die Erfah­rung gemacht, dass sich Beren­tun­gen auch abwen­den las­sen, wenn es gelingt recht­zei­tig eine The­ra­pie ein­zu­lei­ten. Ein vor­schnel­ler Aus­stieg aus dem Berufs­le­ben kann auch einen Ver­lust von Lebens­qua­li­tät nach sich zie­hen. Im Mit­tel­punkt unse­rer Arbeit steht immer wie­der eine spür­ba­re Ver­bes­se­rung der indi­vi­du­el­len Lebens­qua­li­tät. Einen Schwer­punkt haben wir in der Behand­lung von Beamt:innen gesetzt, so sind vie­le unse­rer Patient:innen Lehrer:innen, Feu­er­wehr­leu­te, Polizist:innen oder Men­schen aus dem Ver­wal­tungs­dienst.

Was macht den Kon­takt zwi­schen Ihren Patient:innen und Ihnen als Therapeut:innen aus?
C. F.-N.: An ers­ter Stel­le ist der Auf­bau einer ver­trau­ens­vol­len Bezie­hung wich­tig, weil wir es oft mit Patient:innen zu tun haben, die nega­ti­ve oder teil­wei­se auch trau­ma­ti­sche Erfah­run­gen in ihren frü­he­ren Bezie­hun­gen gemacht haben. Ver­trau­en und Moti­va­ti­on für die The­ra­pie kann also nicht immer vor­aus­ge­setzt wer­den, son­dern muss oft­mals erst gemein­sam erar­bei­tet und her­ge­stellt wer­den.
Das benö­tigt Empa­thie, Wert­schät­zung und Inter­es­se, aber auch das gemein­sa­me Bestre­ben eine Ver­än­de­rung bewir­ken zu wol­len – nicht nur mit den Krank­heits­sym­pto­men, son­dern mit Bezie­hun­gen und Anfor­de­run­gen bes­ser zurecht zu kom­men.

Askle­pi­os Fach­kli­ni­kum Tie­fen­brunn
Psy­cho­so­ma­ti­sche Pri­vat­sta­ti­on Tie­fen­brunn
37124 Ros­dorf
Tele­fon: 05 51 / 50 05-0
asklepios.com/tiefenbrunn/experten/privatstation