Die stereotaktische Radiochirurgie ist ein hochpräzises Verfahren zur nicht-invasiven, punktgenauen Behandlung von gutartigen und bösartigen Tumoren.
Neue Technologie für schonende und punktgenaue Tumorbehandlung
Text: Rami El Shafie, Daniela Schmitt, Stefan Rieken | Fotos: UMG, Mirko Plha, Frank Stefan Kimmel
Um Krebspatienten eine noch bessere Versorgung zu bieten, hat die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) in modernste Technologie investiert: Zwei baugleiche Hochleistungs-Linearbeschleuniger ausgestattet mit einem Spezialsystem für die stereotaktische Präzisionsbestrahlung („ExacTrac Dynamic“) ermöglichen zukünftig hochpräzise, effektive und schonende Strahlentherapien. Mit dieser innovativen Ausstattung stärkt die Klinik ihre Position als ein führendes Zentrum für Radiochirurgie und stereotaktische Strahlentherapie in Niedersachsen.
Radiochirurgie und stereotaktische Strahlentherapie: Den Tumor millimetergenau im Blick >>> Die Radiochirurgie ist eine besonders präzise Form der Strahlentherapie, bei der Tumoren mit einer hohen Strahlendosis gezielt behandelt werden – meist anstelle eines chirurgischen Eingriffs und mit gleicher Wirksamkeit. Dank moderner Bildgebung kann die Bestrahlung millimetergenau auf den Tumor ausgerichtet werden, während das umliegende gesunde Gewebe bestmöglich geschont wird. Ein wesentlicher Vorteil dieser Technologie ist die kontinuierliche Positionsüberwachung während der gesamten Behandlung. Mithilfe von Echtzeit-Röntgenbildern und einer speziellen 3D-Kamera erkennt das System selbst kleinste unwillkürliche Bewegungen – etwa durch Atmung oder Muskelentspannung – und gleicht sie automatisch aus.
Hochpräzise Bestrahlung dank innovativer Technologie >>> Die hohe Präzision der Radiochirurgie basiert auf einer Kombination aus exakter Patientenlagerung, detaillierter Bildgebung und automatischer Bewegungskorrektur. Vor der Bestrahlung wird der Tumor durch hochauflösende Bilder der Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) exakt vermessen. Diese Daten dienen als Grundlage für die Bestrahlungsplanung, bei der berechnet wird, wie die Strahlen aus verschiedenen Winkeln optimal auf das Ziel gelenkt werden müssen. Bei der Bestrahlungsplanung unterstützen bestimmte Algorithmen auf Basis künstlicher Intelligenz. Diese können auf den CT- und MRT-Bildern Tumoren und gesunde Organe unterscheiden und dreidimensional markieren. Andere Algorithmen wiederum helfen dabei, aus einer Vielzahl möglicher Varianten unterschiedlich gewichteter Einstrahlwinkel, diejenigen zu ermitteln, bei denen gesundes Gewebe optimal geschont wird. Während der Behandlung überwacht das System die Position der Patienten in Echtzeit. Die Kombination aus 3D-Oberflächenscan und Röntgenbildgebung ermöglicht es, selbst minimale Lageveränderungen zu erkennen. Wird eine Abweichung festgestellt, pausiert die Bestrahlung innerhalb von Millisekunden und es erfolgt eine automatische Neupositionierung. Möglich wird dies durch eine in allen Freiheitsgraden bewegliche Behandlungsliege, die automatisch angesteuert wird. So bleibt der Tumor jederzeit exakt im Fokus der Behandlung.
Wie läuft die Behandlung ab? >>> Nach einer ausführlichen Beratung und Aufklärung der Patienten werden bei einem ersten Termin hochauflösende CT- und MRT-Bilder angefertigt. Statt eines festen stereotaktischen Rahmens – wie an vergleichbaren Systemen erforderlich – wird der Kopf, bei einer geplanten Behandlung in diesem Bereich, mit einer maßgefertigten, weichen Maske stabilisiert. Das Verfahren ist komplett schmerzfrei. Die Behandlung erfolgt meist in einer einzigen oder in nur wenigen Sitzungen an aufeinanderfolgenden Tagen und dauert in der Regel 15 bis 30 Minuten. Nach der Behandlung kann die Patientin/der Patient direkt nach Hause gehen und es sind keine Beeinträchtigungen des alltäglichen Lebens zu erwarten. In den folgenden Monaten erfolgt eine regelmäßige Nachsorge mit hochauflösender Bildgebung, um den Therapieerfolg zu kontrollieren.
Für welche Erkrankungen wird das Verfahren eingesetzt? >>> Die stereotaktische Radiochirurgie eignet sich besonders für kleine, gut abgrenzbare Tumoren und Metastasen, bei denen eine hochpräzise Strahlenbehandlung erforderlich ist. Sie kommt sowohl bei gutartigen als auch bösartigen Tumoren zum Einsatz und kann eine Alternative zur Operation sein oder ergänzend nach einer chirurgischen Entfernung erfolgen. Je nach Erkrankung kann die Bestrahlung eine einmalige Behandlung sein oder in wenigen Sitzungen erfolgen.
Onkologisches Spitzenzentrum: Gebündelte Expertise im starken Netzwerk >>> Die Radiochirurgie und stereotaktische Strahlentherapie an der Universitätsmedizin Göttingen wird von einem hochspezialisierten, multidisziplinären Team durchgeführt. Expertinnen und Experten aus den Bereichen Strahlentherapie und Medizinphysik arbeiten eng zusammen mit kooperierenden Disziplinen wie Radiologie, Onkologie oder Neurochirurgie, um für jede Patientin und jeden Patienten die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten. Der Fachbereich für Präzisionsstrahlentherapie unter ärztlicher Leitung von Prof. Dr. Rami El Shafie und physikalischer Leitung von Dr. Daniela Schmitt umfasst international renommierte Spezialistinnen und Spezialisten, die durch ihre Forschung und klinische Erfahrung maßgeblich zur Weiterentwicklung der Radiochirurgie beigetragen haben. Als Teil der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie (Direktor: Prof. Dr. Stefan Rieken) sind sie aktiv an wissenschaftlichen Studien beteiligt und gestalten den medizinischen Fortschritt in diesem Bereich mit.
Die Behandlung erfolgt unter dem Dach des UniversitätsKrebszentrums Göttingen (G-CCC), das gemeinsam mit der MHH als Onkologisches Spitzenzentrum der Deutschen Krebshilfe gefördert wird. Diese Auszeichnung bestätigt die hohe Qualität der interdisziplinären Versorgung sowie die enge Verzahnung von Patientenbehandlung, Forschung und Lehre. Durch diese Verbindung von Spitzenmedizin, Wissenschaft und modernster Technologie bietet die Universitätsmedizin Göttingen stereotaktische Präzisionsbestrahlung auf höchstem Niveau – individuell abgestimmt und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Typische Anwendungsgebiete:
• Hirnmetastasen – Tochtergeschwülste von Tumoren wie Lungen-, Brust- oder Darmkrebs
• Gutartige Hirntumoren – z. B. Akustikusneurinome (Hörnervtumoren) oder Meningeome (Hirnhaut-Tumoren) oder Hypophysenadenome
• Tumoren der Wirbelsäule – u. a. Metastasen oder gutartige Tumoren, die auf Nervenstrukturen drücken
• Einzelne Lymphknotenmetastasen – z. B. als Absiedlung eines Tumors der Prostata oder anderer Tumore
• Lebermetastasen – Tochtergeschwülste von Tumoren wie Lungen-, Brust- oder Darmkrebs
• Frühe Stadien von Lungenkrebs – als mögliche Alternative zur Operation
• Bestimmte Kopf-Hals-Tumoren – z. B. Tumoren der Schädelbasis oder Paragangliome
• Gutartige Gefäßknäuel im Gehirn – sog. Arteriovenöse Malformationen (AVM)
Dr. Daniela Schmitt
Leitende Physikerin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der UMG
Prof. Dr. Stefan Rieken
Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der UMG und Sprecher des G-CCC
Prof. Dr. Rami El Shafie
Stellv. Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der UMG und Fachbereichsleitung Präzisionsstrahlentherapie
Universitätsmedizin Göttingen
UniversitätsKrebszentrum Göttingen (G-CCC)
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie
Robert-Koch-Straße 40
37075 Göttingen
Telefon: 05 51 / 39-6 23 13
strahlentherapie.umg.eu
