In der Göt­tin­ger City sprach Cha­rak­ter-Chef­re­dak­teur Ulrich Drees mit Rene Schmock, der zu den erfolg­reichs­ten deut­schen Influen­cern gehört, über das, was im Leben wirk­lich zählt und war­um Göt­tin­gen sei­ne Stadt bleibt.  

Inter­view: Ulrich Drees | Fotos: Ste­phan Beu­er­mann, look­fa­med

Rene, aktu­ell hast du ca. 5,5 Mio. Social-Media-Fol­lower. Wie erreicht man eine sol­che Bekannt­heit?
Geplant war das nie. Ich habe vor­her zehn Jah­re als Lkw-Fah­rer gear­bei­tet. Natür­lich hat­te ich da auch immer wie­der mein Han­dy in der Hand, aber so rich­tig gekannt habe ich die Online-Welt nicht. Anfangs hat­te ich nur Face­book, und als mein Bru­der mir Insta­gram vor­schlug, war ich skep­tisch: War­um soll­te ich mei­ne Bil­der jetzt auch da pos­ten? Irgend­wann wur­de ich dann auf Tik­Tok auf­merk­sam. Die App tauch­te plötz­lich über­all auf, und da habe ich sie mir run­ter­ge­la­den. Zuerst habe ich mir ein­fach Quatsch-Vide­os ange­se­hen, dann habe ich auch selbst wel­che gemacht. Dass die von Zehn­tau­sen­den ande­rer Leu­te gese­hen wer­den konn­ten, ohne dass ich nen­nens­wer­te Abon­nen­ten gehabt hät­te, war mir gar nicht bewusst. Aber das war der Anfang.

Was war das für ein Gefühl, zu mer­ken, dass dei­ne Vide­os ankom­men?
Zuerst habe ich das gar nicht rea­li­siert und wuss­te ja auch nichts über die­se Par­al­lel­welt aus You­Tubern und Insta­gramm­ern. Des­halb war es gleich­zei­tig weit weg, weil ich die Leu­te ja nicht sah, die mei­ne Vide­os anschau­ten, und trotz­dem ein komi­sches Gefühl. Hin­zu kam, dass vie­le Leu­te aus mei­nem Umkreis – mei­ne dama­li­ge Freun­din, deren Freun­de, Arbeits­kol­le­gen – eher dage­gen waren. Die frag­ten, war­um ich mich da zum Dep­pen machen wür­de.

Du hast aber wei­ter­ge­macht.
Ja. Wenn mir jemand sagt, dass ich etwas nicht tun soll­te, reizt es mich dop­pelt, es trotz­dem zu machen.

Schaust du selbst vie­le Tik­Tok-Vide­os?
Nur als Teil mei­ner Arbeit, um zu wis­sen, was gera­de ange­sagt ist und zu über­le­gen, wie ich es anders oder viel­leicht bes­ser machen könn­te.

Tik­Tok-Vide­os wir­ken oft spon­tan – inwie­weit planst du dei­ne Bei­trä­ge, um Erfolg zu haben?
Bis heu­te pla­ne ich nichts. Ich weiß bei­spiels­wei­se nicht, was ich heu­te machen wer­de. Der Unter­schied zu frü­her ist, dass es mehr Spaß gemacht hat, ein­fach was raus­zu­hau­en. Heu­te habe ich gefühlt alles schon ein­hun­dert­mal gemacht und muss trotz­dem stän­dig etwas pro­du­zie­ren, weil mein Lebens­stil ganz stark von mei­nen aktu­el­len Zugriffs­zah­len abhängt.
Des­halb geh ich nicht zur Arbeit, kom­me nach Hau­se und leg den Lkw-Schlüs­sel weg – ich bin 24 Stun­den am Tag gefor­dert. Im Prin­zip mache ich nichts mehr nur aus Spaß. Wenn ich jetzt drei Stun­den schwim­men gehen wür­de, weil ich gera­de Lust dar­auf hät­te, wären das drei Stun­den, in denen ich nichts pos­ten kann.
Gleich­zei­tig ist das natür­lich Meckern auf hohem Niveau, denn ich habe unend­lich vie­le Chan­cen und Mög­lich­kei­ten, die ich selbst manch­mal noch gar nicht rea­li­sie­re. So wie es gera­de läuft, ist das regel­recht sur­re­al – und im sel­ben Moment ist es wie­der die Höl­le.

Das klingt nach kon­stan­tem Stress. Wie fin­dest du Ruhe?
Auf dem Niveau, auf dem ich gera­de bin: gar nicht. Aber wenn man auf der Wel­le ist, muss man sie rei­ten. Selbst wenn das nicht zwangs­läu­fig immer gut für mich ist, wür­de ich jetzt nicht aus­stei­gen.

Und was machst du mit dem Geld, das du ver­dienst?
Für die­sen Zeit­punkt gebe ich das Geld, das ich jetzt ver­die­ne, nicht für irgend­ei­nen Quatsch, son­dern für sinn­vol­le Din­ge aus. Vie­le Leu­te, die in kur­zer Zeit viel Geld ver­die­nen, ver­pei­len ihre Ver­pflich­tun­gen, zah­len ihre Steu­ern nicht und so wei­ter. Am Ende haben sie dann ihr Geld dop­pelt oder drei­fach ver­lo­ren. Ich wuss­te von Anfang an, dass mir das nicht pas­sie­ren soll­te.

War­um war dir das so wich­tig?
Viel­leicht, weil ich frü­her nie Geld hat­te. Manch­mal habe ich über Wochen und Mona­te nur Nudeln mit Ket­chup geges­sen. Wenn mir mei­ne Oma mal 50 Euro gab, habe ich davon für zwei Wochen Essen und Trin­ken gekauft. Dahin möch­te ich nie zurück. Was aktu­el­le Aus­ga­ben angeht, pro­fi­tiert mein Umfeld gegen­wär­tig ver­mut­lich mehr von mei­nem Geld als ich selbst.

Könn­test du dir vor­stel­len, wie­der als Lkw-Fah­rer zu arbei­ten?
Eine Zeit lang war das für mich wirk­lich ein Traum­job. Obwohl ich selbst damit inzwi­schen auf­ge­hört habe, konn­te ich durch das, was ich über den Beruf gepos­tet habe, sogar neue Inter­es­sen­ten begeis­tern. Heu­te wür­de ich aber wohl nicht dahin zurück­ge­hen, son­dern eher etwas in Rich­tung Online-Mar­ke­ting machen. Bei­spiels­wei­se mit Pro­dukt­vi­de­os, weil ich weiß, auf wel­cher Platt­form was funk­tio­niert, ganz im Sin­ne mei­nes Mot­tos: „Work smart, not hard!“ Ich will nicht mehr für jemand ande­ren 13-15 Stun­den am Steu­er sit­zen und nur für acht Stun­den bezahlt wer­den.

Wenn du von die­ser Wel­le sprichst, dann schwingt da ja mit, dass du das nur bedingt steu­ern kannst und ein­fach akzep­tierst, was gera­de pas­siert?
Ich lebe wirk­lich immer im Hier und Jetzt. In die­sem Moment weiß ich bei­spiels­wei­se nicht, was für die nächs­ten Tage und Wochen in mei­nem Ter­min­ka­len­der steht. Die­se Sicht auf die Din­ge ergab sich aus mei­nem bis­he­ri­gen Leben. Nach einer per­fek­ten Kind­heit, in der mei­ne Mut­ter ganz allein – mei­nen Vater ken­ne ich nicht – alles ver­sucht hat, damit es mir gut geht, erkrank­te sie an Lun­gen­krebs. Ich ging damals noch zur Schu­le und bekam zu Hau­se mit, wie sie durch die Che­mo ging, und als das über­stan­den war, einen Schlag­an­fall erlitt. Mit ihrem Kopf auf mei­nem Schoß war­te­te ich auf den Hub­schrau­ber, der sie ins Kran­ken­haus brach­te. Wäh­rend sie im Kran­ken­haus lag, leb­te ich dann für Wochen allein zu Hau­se und wuss­te nicht, ob ihr Gehirn über­haupt noch funk­tio­nie­ren wür­de. Dann kam sie recht­sei­tig gelähmt aus der Reha zurück. Spä­ter kam der Krebs zurück und mei­ne Mut­ter starb dann wäh­rend mei­nes aller­ers­ten Urlaubs, damals war mei­ne Ex-Freun­din gera­de mit mei­nem Sohn Jason schwan­ger.
Vie­les in mei­ner Ver­gan­gen­heit war ziem­lich furcht­bar, aber die­se Erfah­run­gen haben auch dafür gesorgt, dass ich heu­te sage: Die Din­ge sind, wie sie sind. Du kannst sie nicht ändern. Des­halb ist Zeit für mich jetzt wich­ti­ger als alles ande­re. Im Juni rief mich zum Bei­spiel mein Bru­der von einem Open-Air-Fes­ti­val aus an, und mein­te, ich sol­le doch auch kom­men. Nor­ma­ler­wei­se kann ich so was nicht so spon­tan machen, weil mei­ne Zeit zu durch­ge­tak­tet ist. Aber mein Cou­sin woll­te auch hin, und am Ende habe ich für sechs Leu­te die Kar­ten für 97 Euro bezahlt, damit alle mit­kom­men konn­ten. Das Geld war mir da egal, ich woll­te den Moment mit den Leu­ten erle­ben und vor allem die Zeit nut­zen, wenn sonst gera­de nichts im Kalen­der steht.

Wie legst du das Geld an, das du ver­dienst? Hast du so etwas wie einen Finanz­be­ra­ter?
Nein, ich bin da zurück­hal­tend. Wenn mir ein Ban­ker sagt, ich soll­te mein Geld in etwas inves­tie­ren, dann fra­ge ich ihn immer, ob er das selbst auch gemacht hat. Wenn nicht, war­um soll ich das dann machen?
Aber was mei­ne direk­te Arbeit angeht, arbei­te ich ganz wun­der­bar mit der Agen­tur look­fa­med zusam­men, die für mich im Hin­ter­grund die vie­len geschäft­li­chen Strip­pen zieht, ohne die es in der Bran­che heu­te gar nicht gehen wür­de.
In Göt­tin­gen bist du geschäft­lich mit den Schmo­cki­ma­ten, dem Schmo­cki­markt und dem Schmock­Dog aktiv – ist das eine bewuss­te Kon­zen­tra­ti­on?
Ich stam­me aus Göt­tin­gen und will auch wei­ter hier leben. Da liegt es nahe, hier aktiv zu wer­den. Mitt­ler­wei­le ist Göt­tin­gen für mei­ne Fol­lower auch so ein klei­nes Rei­se­ziel gewor­den. Die fah­ren hier­her, um mich im Schmock­Dog zu sehen, essen einen Hot­dog, gehen dann zu einem Schmo­cki­ma­ten und las­sen sich gleich bei dem Fri­seur die Haa­re schnei­den, bei dem ich auch bin, und manch­mal über­nach­ten sie dann sogar noch in Göt­tin­gen. Wenn mir noch was ein­fie­le, was ich in Göt­tin­gen eröff­nen könn­te, ich wür­de es machen. Natür­lich ver­die­ne ich mit einem Hot­dog-Imbiss nicht so viel Geld wie mit mei­ner Haupt­tä­tig­keit, aber es ist cool, so was zu haben, und wenn es läuft, lässt es sich als Fran­chise oder Pop-up-Ver­si­on auch in jeder ande­ren Stadt umset­zen. Am Ende des Tages ver­su­che ich, alle Pro­jek­te ska­lier­bar zu hal­ten.

Wo in Göt­tin­gen bist du auf­ge­wach­sen?
Über­all. Mei­ne Mut­ter ist damals gefühlt ein­mal im Jahr umge­zo­gen – ich habe also in fast jedem Vier­tel min­des­tens ein­mal gewohnt.

Triffst du heu­te über­all alte Freun­de?
Eigent­lich nicht. Die meis­ten Leu­te erken­nen mich wegen mei­ner Arbeit. Mit vie­len Men­schen von frü­her habe ich den Kon­takt schnell ver­lo­ren. Mei­ne heu­ti­gen Freun­de ken­ne ich meist aus der Berufs­schu­le.

Dein Lieb­lings­vier­tel?
Hol­ten­sen. Das gehört noch zu Göt­tin­gen, und über die Ver­bin­dungs­stra­ße bin ich in zwei Minu­ten in der Stadt. Gleich­zei­tig habe ich dort mei­ne Ruhe.

Du hast zwei Kin­der. Was ver­mit­telst du ihnen über das, was im Leben wich­tig ist?
In mei­ner Situa­ti­on ist das ziem­lich kom­pli­ziert. Ist es rich­tig, die Schu­le abzu­schlie­ßen, eine Aus­bil­dung zu machen und dann einen Nine-to-Five-Job zu haben, weil das gesell­schaft­lich aner­kannt ist? Oder reicht es, die Schu­le zu been­den, eine gewis­se All­ge­mein­bil­dung zu haben – und sich dann sei­nen eige­nen Weg zu suchen? Schon das Schul­sys­tem ist aus mei­ner Sicht pro­ble­ma­tisch: Ange­nom­men, mein Sohn hat zehn Fächer. In acht ist er okay, in einem sehr schlecht und in einem extrem gut. Die Schu­le sagt dann: „Jetzt musst du in dem schlech­ten Fach bes­ser wer­den.“ Logisch wäre doch, ihn dort zu för­dern, wo er rich­tig gut ist – damit er dar­in noch bes­ser wird –, statt ihn über­all aufs Mit­tel­maß zu brin­gen.

Als du einen ers­ten Schmo­cki­ma­ten auf­ge­stellt hast, gab es maxi­ma­le Auf­merk­sam­keit. Wie bist du auf die Idee gekom­men, dei­ne Bekannt­heit für einen Snack-Auto­ma­ten zu nut­zen?
Ich woll­te schon län­ge­re Zeit einen Snack­au­to­ma­ten auf­stel­len – und habe es dann irgend­wann ein­fach gemacht. Gleich der ers­te Auto­mat ging kom­plett durch die Decke und lös­te in ganz Deutsch­land einen sol­chen Auto­ma­ten-Hype aus, dass die auf ein­mal bei allen Her­stel­lern aus­ver­kauft waren. Genau­so war es mit den blau­en TAKIS: Plötz­lich gab es Hun­der­te Mil­lio­nen Auf­ru­fe, sodass sie nir­gends mehr zu bestel­len waren.

Gera­de wegen der Taki-Chips gab es auch Kri­tik. Hat dich das getrof­fen?
Nein. Als Crea­tor braucht man die cha­rak­ter­li­che Stär­ke, sich so etwas nicht zu Her­zen zu neh­men. Aus mei­ner Sicht macht es kei­nen Sinn, dass ich mich über unwich­ti­ge Aus­sa­gen auf­re­ge. Vor allem weil 90 % der nega­ti­ven Kom­men­ta­re ein­fach unre­flek­tiert sind. Wenn jemand sagt, dass ich Kin­dern ihr Taschen­geld abzie­he, weil die TAKIS im Auto­ma­ten 6 Euro kos­ten, dann hat er schlicht nicht dar­über nach­ge­dacht, was er da von sich gibt.
Ers­tens fin­de ich es bes­ser, wenn mein Sohn die 10 Euro, die ich ihm gege­ben habe, für eine Tüte Chips und etwas zu trin­ken aus­gibt, statt sich in einem Online-Spiel irgend­wel­che Effek­te zu kau­fen, bei denen das Geld im Nichts ver­schwin­det. Zwei­tens lernt ein Kind auf die­se Wei­se, dass sein Geld irgend­wann weg ist – und dass man es bes­ser für etwas aus­ge­ben soll­te, das einem wirk­lich gefällt. Drit­tens: Das sind kei­ne Bil­lig-Chips für 50 Cent – sie kos­te­ten damals im Ein­kauf 3,50 Euro. Wir hät­ten damals auch 10 Euro ver­lan­gen kön­nen, und es hät­te trotz­dem funk­tio­niert.

Wäh­rend unse­res Inter­views in der Göt­tin­ger Innen­stadt wirst du immer wie­der erkannt. Wie fühlt sich das an?
Das ist all­ge­gen­wär­tig. Ges­tern war ich mit Freun­den auf einem Open-Air-Fes­ti­val. Selbst in einem etwas abge­schot­te­ten Bereich kamen alle drei Minu­ten Leu­te, um kurz zu quat­schen oder ein Foto zu machen. Sogar auf der Toi­let­te fol­gen mir sofort Leu­te. Vor ein paar Tagen stand ich im Pago­da am Buf­fet, da war eine Abschluss­fei­er. Jemand erkann­te mich, und plötz­lich schrien und sang sie mei­nen Namen. Kurz dar­auf stand gefühlt das gan­ze Restau­rant vor mir – 20 bis 30 Leu­te woll­ten ein Foto. Das kann manch­mal etwas viel sein, aber für die ein­zel­nen Men­schen ist das ein beson­de­rer Moment. Das respek­tie­re ich und ver­su­che immer freund­lich zu sein – beson­ders zu Kin­dern. Egal, was ich gera­de mache, neh­me ich sie in den Arm und mache ein Foto mit ihnen. Trotz­dem ver­su­che ich, sol­che Situa­tio­nen mög­lichst kurz zu hal­ten, weil ich die Men­schen ja eigent­lich gar nicht ken­ne.

Für Crea­tor ist Öffent­lich­keit zen­tral. Wie weit darf man gehen, um wahr­ge­nom­men zu wer­den?
Mir ist wich­tig, nichts vor­zu­täu­schen. Es gibt Leu­te, die faken Schwan­ger­schaf­ten und anschlie­ßen­de Fehl­ge­bur­ten. Dar­aus kann nie etwas Gutes ent­ste­hen, denn irgend­je­mand fin­det es immer her­aus. Das ist wie­der nur dumm – nach so etwas glaubt dir ja jemand mehr. Na klar kann man trotz­dem Gags machen, die man im wirk­li­chen Leben nicht brin­gen wür­de. Wenn ich einem Kol­le­gen sein Auto mit sechs Schich­ten Folie umwick­le, ist das eben nur ein lus­ti­ges Video – sonst wür­de ich das nicht machen. Aber es ist eben ja auch nicht gestellt, weil es genau so gesche­hen ist.

Wo wir über Dumm­heit spre­chen: Ist dir Intel­li­genz wich­tig?
Für mich ist es viel wich­ti­ger, ob jemand Köpf­chen hat – und das mer­ke ich ziem­lich schnell. Man muss nicht der schlaus­te Mensch sein, aber man muss Bock haben. Ich sage: Sei nicht schlau, sei der Bes­te in dem, was du tust.

Meinst du mit „Bock haben“ das­sel­be wie ehr­gei­zig sein? Vie­le Älte­re bezwei­feln, dass Jün­ge­re Men­schen die­se Eigen­schaft heu­te mit­brin­gen. Wie siehst du das?
Für mich ist das jewei­li­ge Umfeld ent­schei­dend. Die Leu­te, mit denen ich enger ver­bun­den bin, ver­ste­hen, wie viel Arbeit all die Pro­jek­te erfor­dern, die ich gleich­zei­tig vor­an­trei­be. Dadurch sehen sie, was man errei­chen kann, wenn man sich anstrengt. Und gleich­zei­tig erle­ben sie durch mich, wel­ches Leben mög­lich ist, wenn etwas mehr Geld zur Ver­fü­gung steht, als sie es gewohnt sind. Das moti­viert sie, sich eben­falls anzu­stren­gen. Sie ler­nen außer­dem, dass es mehr gibt als einen Nine-to-Five-Job, in dem man sei­ne Zeit gegen Geld tauscht. Wenn sie sams­tags arbei­ten sol­len, obwohl sie nicht auf dem Dienst­plan ste­hen, fra­ge ich: „Okay, bekommst du das bezahlt? Wenn nicht, dann lass es.“ Unbe­zahlt zu arbei­ten, ist nur für Fami­lie, Freun­de oder ein klei­nes Unter­neh­men, das sonst nicht funk­tio­niert, in Ord­nung.

Du hast erwähnt, dass dein Umfeld von dei­nem Geld pro­fi­tiert. Zieht dein Bekannt­heits­grad auch die fal­schen Leu­te an?
Auf jeden Fall, und da ich ande­ren eigent­lich sofort hun­dert­pro­zen­tig ver­traue, ist das schwie­rig. Des­halb las­se ich – abge­se­hen von ganz weni­gen Aus­nah­men wie Max Kandt, mit dem ich den Schmock­Dog-Imbiss als GmbH gegrün­det habe – kei­ne neu­en Men­schen in mei­nen Kreis. Ich habe heu­te mehr oder weni­ger die­sel­ben Freun­de wie schon vor mei­nem Erfolg, dazu kommt natür­lich mei­ne Fami­lie. Mein Bru­der zum Bei­spiel: Der hat­te frü­her auch nicht viel Geld, hat mir aber trotz­dem immer die­se Pri­mark-Schu­he für 3 Euro gekauft – gleich fünf oder sechs Paar auf ein­mal, damit ich für ein hal­bes Jahr ver­sorgt war. Heu­te ist es anders­rum: Wenn er etwas braucht, bekommt er es.

Ver­mut­lich pro­fi­tie­ren Fri­seu­re oder Restau­rants davon, wenn man dich dort sieht oder du etwas pos­test. Gleich­zei­tig ver­dienst du mit Wer­bung Geld. Wie unter­schei­dest du da?
Mit mei­nem Fri­seur bin ich befreun­det – das ist was ande­res. Ein ande­res Bei­spiel: Zum Geburts­tag habe ich von mei­nen Kin­dern und ihren Müt­tern ein Bild geschenkt bekom­men, auf dem der Künst­ler mei­ne Mut­ter und mich gemalt hat. Als ich das in einem Video gezeigt habe, war der Künst­ler – der das eigent­lich nur neben­bei gemacht hat­te – andert­halb Jah­re lang aus­ge­bucht und kün­dig­te sogar sei­nen Haupt­job. Dafür habe ich nichts bekom­men, und das hät­te ich auch nicht gewollt. Sol­che Vide­os ent­ste­hen spon­tan, wenn ich etwas gut fin­de. Wenn dann jemand davon pro­fi­tiert, freut mich das.
Wenn aber eine Fir­ma kommt und sagt: „Rene, wir geben dir drei Cheese­bur­ger und eine Cola, und du drehst ein Video“, das dann viel­leicht 2 Mil­lio­nen Mal auf­ge­ru­fen wird – und die Fir­ma dadurch viel Geld ver­dient – fin­de ich es nur fair, dass ich auch etwas bekom­me. Schließ­lich wür­de die Fir­ma für einen TV-Wer­be­spot eben­falls viel Geld zah­len. Trotz­dem ver­ste­hen das vie­le Leu­te nicht.

Denkst du bei Wer­be­part­nern dar­über nach, ob sie zu dir pas­sen?
Das war eigent­lich nie ein The­ma. Trotz­dem gibt es vie­le Anfra­gen, aus denen nichts wird, weil ich bereits einen fes­ten Stamm an lang­fris­ti­gen Part­nern habe, den ich nur sel­ten erwei­te­re. Obwohl auch mal Anfra­gen kom­men, ob ich Sport-BHs oder Mens­trua­ti­ons­tas­sen tes­ten wol­le, neh­me ich eigent­lich nur Sachen an, die auch zu mir pas­sen.

Was denkst du über Künst­li­che Intel­li­genz und ihren Ein­fluss auf dei­ne Arbeit?
KI wird wohl jeden Lebens­be­reich beein­flus­sen – wie genau, kann heu­te ver­mut­lich noch nie­mand sagen. Was mei­ne Arbeit betrifft, mache ich mir kei­ne Sor­gen. KI ist in ers­ter Linie eine tech­ni­sche Inno­va­ti­on – wie vie­le ande­re auch. Man muss ler­nen, sie rich­tig zu nut­zen. Erst heu­te habe ich ein Video von einem Dok­tor gese­hen, der Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­tel ver­kauft hat. Alle Vide­os mit ihm hat­ten über eine Mil­li­on Auf­ru­fe – der Account ver­dient damit min­des­tens 50.000 Euro im Monat. Aber die­sen Dok­tor gibt es gar nicht – der wur­de von einer KI erschaf­fen, so über­zeu­gend, dass es nie­mand merkt.

Emp­fin­dest du ange­sichts dei­ner Bekannt­heit eine Ver­ant­wor­tung für gesell­schaft­li­che oder poli­ti­sche The­men?
Aus poli­ti­schen The­men hal­te ich mich kom­plett raus. Ich fin­de, dass mei­ne per­sön­li­che Mei­nung da kei­ne Rol­le spielt. Egal, was ich den­ke – es wird immer vie­le Men­schen mit ande­ren Mei­nun­gen geben. Und egal, was ich sage – es gibt immer jeman­den, der es falsch ver­steht und mich in eine Ecke drängt, in die ich nicht gehö­re.

Ulrich Drees, Rene Schmock

Rene Schmock
Der 33-jäh­ri­ge Rene Schmock fei­er­te sei­ne ers­ten Tik­Tok-Erfol­ge mit Vide­os, die ihm bis heu­te den Bei­na­men „CEO of Heiß­luft­frit­teu­se“ ein­brach­ten, weil er in besag­tem Küchen­ge­rät ver­schie­de­ne Lebens­mit­tel frit­tier­te. Heu­te hat er auf Platt­for­men wie Tik­Tok, Insta­gram, Snap­chat und You­Tube ins­ge­samt ca. 5,5 Mil­lio­nen Fol­lower und zählt zu Deutsch­lands reich­wei­ten­stärks­ten Influen­cern. Der gebür­ti­ge Göt­tin­ger erreg­te auch mit sei­nen Schmo­cki­ma­ten bun­des­wei­te Auf­merk­sam­keit – Snack-Auto­ma­ten, in denen er eben­so spe­zi­el­le wie hoch­prei­si­ge Lecke­rei­en und ande­re Über­ra­schun­gen anbie­tet. Neben dem Schmo­cki­ma­ten-Kiosk am Korn­markt betreibt er seit eini­gen Mona­ten mit sei­nen Geschäfts­part­nern in der Niko­lai­stra­ße auch den Hot­dog-Imbiss „Schmock­Dog“.

„Blaue TAKIS“
Die TAKIS, deren Ver­kauf Rene im Inter­view anspricht, sind geroll­te Tor­til­la-Chips aus Mais­mehl. Sie stam­men ursprüng­lich aus Mexi­ko und sind für ihre schar­fe Wür­zung bekannt. Die Blau­en TAKIS – oder auch TAKIS Blue Heat –, von denen Rene im Inter­view spricht, sind tat­säch­lich knall­blau, schme­cken nach Chi­li und Limet­te und sind mit 8000-10000 Ein­hei­ten auf der Sco­ville-Schär­fe-Ska­la nur etwas für muti­ge Fein­schme­cker.

Kunst oder Quatsch?
Sich täg­lich zu über­le­gen, wie man etwa 5,5, Mil­lio­nen Fans unter­hält – ist das ver­gleich­bar mit den Her­aus­for­de­run­gen eines Pop­stars oder Regis­seurs? Rene Schmock sieht das so:
„Ich emp­fin­de eigent­lich alles, was ich mache, als Quatsch. Aber ich pro­du­zie­re die­sen Quatsch nicht so, dass er wie Quatsch aus­sieht. Statt­des­sen zei­ge ich in mei­nen Vide­os das ech­te Leben – das ja eigent­lich Quatsch ist.“

Sta­tus­sym­bo­le?
Wie wich­tig ist es für einen Influen­cer, durch teu­re Klei­dung, Uhren oder ande­re Sta­tus­sym­bo­le sei­nen Markt­wert zu zei­gen? Für Rene Schmock offen­bar nicht sehr: Hose und T-Shirt beim Inter­view­ter­min kos­te­ten jeweils rund 20 Euro. „Sowas inter­es­siert mich nicht“, sagt er. „Wenn ich mir etwas kau­fe, das ande­re als Sta­tus­sym­bol sehen, dann nur, weil ich es selbst cool fin­de.“
So wie sei­nen Mer­ce­des. „Für mein Auto habe ich viel Geld aus­ge­ge­ben“, erzählt er. „Das war immer ein Traum von mir. Als ich es mir leis­ten konn­te, habe ich ihn mir erfüllt. Ansons­ten habe ich kei­ne nen­nens­wer­ten mate­ri­el­len Bedürf­nis­se. Alles, was ich brau­che, habe ich mir bereits gekauft.“