Die Veränderungen der Dialyse Maschinen aus den 1960er Jahren und heute
Direktor Müller zeigt seine Klinik für Nephrologie und Rheumatologie
Text: Gina Maria Kerge | Fotos: Gina Maria Kerger, Aey Congresse GmbH – Michael Linder, privat
Prof. Dr. Gerhard A. Müller
war über mehrere Jahre der letzte, ehrenamtliche ärztliche Direktor der UMG und wirkte an der Überführung der Universität in eine Stiftung öffentlichen Rechtes mit. Er ist auch einer der Direktoren des Zentrums für Medizinrecht.
1993 übernahm Professor Dr. Gerhard Anton Müller den Lehrstuhl für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie und Rheumatologie. Die Nephrologie ist in der Bevölkerung wenig bekannt. So wird auf die Frage, an wen man sich mit Nierenproblemen wenden würde, oft der Urologe als Facharzt benannt – den Nephrologen kennen die Wenigsten. Nierensteine, Nierenerkrankungen, Dialyse, oder im schlimmsten Fall das Nierenversagen sind vielen Menschen ein Begriff. An der UMG werden pro Jahr ca. 10.400 Dialysebehandlungen und über 900 Apheresebehandlungen durchgeführt.
25 Jahre Erfahrung mit Dialysepatienten >>> In der UMG werden chronisch dialysepflichtige Patienten mit den modernsten Verfahren der extrakorporalen Nierenersatztherapie teilstationär behandelt. Das Pflegeteam rund um Stationsleiter Volker Linde blickt auf eine über 25-jährige Erfahrung in der Betreuung von Dialysepatienten zurück. „Seit 1985 arbeite ich hier auf der Station“, berichtet Volker Linde und zeigt stolz das UMG-eigene Wasserwerk, das sich an der Station befindet. Für eine Dialyse-Sitzung werden 300 Liter keimarmes Wasser benötigt. Jeder Patient verbringt 3 Mal die Woche je 4 – 5 Stunden pro Sitzung bei uns. „Unsere Station ist so hervorragend ausgestattet, dass wir 26 Patienten parallel behandeln können“, erzählt der langjährige Mitarbeiter. Dann begeben wir uns mit Professor Müller und Herrn Linde auf eine kleine Zeitreise. Im Keller stehen noch alte Dialyse-Maschinen. „Vor gar nicht allzu langer Zeit war Nierenversagen noch eine häufige Todesursache. Dank der medizinischen Weiterentwicklung hat sich das verändert“, weiß Müller. Die Dialyse- und Aphereseverfahren wurden in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.
Corona Patienten brauchen Nephrologen >>> Wie segensreich die Nephrologie sein kann, hat sich an der Bewältigung der sog. EHEC-Krise im Jahr 2011 gezeigt, als eine Vielzahl von Patienten, die an schweren akuten Nierenversagen erkrankt waren, durch die Nephrologen gerettet wurden. Auch die auf uns zurollende Welle der CORONA-Virusinfektionen wird bei den schweren Verläufen, intensivpflichtigen Patienten, auch die Hilfe der Nephrologen dringend brauchen. Die Wichtigkeit verdeutlicht Prof. Müller: „Insgesamt leistet die Nephrologie aufgrund ihrer zentralen Stellung im Wechselspiel mit anderen Disziplinen (Kardiologie, Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Onkologie, Intensivmedizin und anderen) ausgezeichnete Hilfe, und deshalb ist es auch unabdingbar, dass die Nephrologen wie hier in Göttingen neben den Kardiologen unter anderem auch für die internistische Intensivmedizin zuständig sind.“
Preisgekrönte Bluthochdruckforschung >>> Prof. Müller und sein Team haben sich das Ziel gesetzt, die Ursachen nephrologischer und rheumatologischer Krankheitsbilder weiter zu erforschen, um zukünftig noch effizientere Therapien einsetzen zu können. Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die Erforschung und Behandlung des schweren Bluthochdrucks. Als Laie fragt man sich nun, was der Bluthochdruck mit der Niere zu tun hat. „Durch die gemeinsame Regulation des Blutdrucks und des Wasserhaushalts sind Herz und Niere unabdingbar miteinander verbunden. Herzerkrankungen führen zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion, und umgekehrt schädigen kranke Nieren das Herz“, erklärt der Direktor. Auf dieses Zusammenspiel haben die UMG-Ärzte reagiert: Im gemeinsamen Hochdruck-Zentrum werden Patienten mit Herz- und Nierenerkrankungen durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Nephrologen, Kardiologen und Kardiochirurgen optimal versorgt. Dr. Manuel Wallbach, Oberarzt in Müllers Klinik, forschte zu Therapiemöglichkeiten von Bluthochdruckerkrankungen – und wurde für seine Erkenntnisse von der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie mit dem Preis für Hypertonie-Forschung ausgezeichnet. Der optimale Blutdruck liegt bei 120 zu 80, und von Bluthochdruck, einer arteriellen Hypertonie, spricht man ab 140 zu 90. Bluthochdruckpatienten, deren Blutdruck trotz maximaler medikamentöser Therapie nicht einstellbar ist, haben ein besonders hohes Risiko, Folgeschäden zu erleiden oder an diesen zu sterben. Das Hochdruckzentrum der Universitätsmedizin Göttingen bietet hier entsprechend den Forschungsergebnissen von Wallbach ein spezielles Therapieverfahren, eine Art „Bluthochdruckschrittmacher“ (Barorezeptoraktivierungstherapie), an. „Mehr als 100 Patienten wurden schon mit dieser Therapie bei uns behandelt, und wir sind damit weltweit das führende Zentrum für dieses spezielle Verfahren“, berichtet Oberarzt Wallbach.
Prof. Dr. G.A. Müller, PD Dr. M. Wallbach (Preisträger), Dr. M. Grieger
Nephrologie und Rheumatologie >>> Die Kombination von Nephrologie und Rheumatologie, wie sie am Standort Göttingen besteht, bündelt Fachwissen. So wurde zur Behandlung des Systemischen Lupus erythematodes, eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, die häufig auch die Nieren befällt, in den vergangenen Jahren erstmals nach 50 Jahren ein neues Medikament zugelassen. Prof Müller hat in den vergangenen Jahren an der Universitätsmedizin Göttingen die Rheumatologie aufgebaut und sie auch wissenschaftlich national und international aufgestellt. Den ärztlichen Nachwuchs förderte er über die von ihm gegründete „Göttinger Rheumaschule“, die bei den Studierenden sich großer Beliebtheit erfreut. Zudem war er Mitbegründer und ist derzeit noch Leiter des Kooperativen Rheumazentrums Göttingen e.V.
Abschied nach 27 Jahren >>> Professor Müller arbeitet mit seinem Team stets daran, den Betroffenen so gut und lange als möglich dabei zu helfen, mit den Symptomen und Folgen der Krankheitsbilder ein möglichst beschwerdearmes und langes Leben zu führen. Neben den regelmäßigen Vorsorgeterminen beim Hausarzt kann aber auch jeder seine Lebensgewohnheiten so umstellen, dass es der Niere gut geht. Neben einer ausreichenden Trinkmenge empfiehlt auch Müller, auf bewusste Ernährung zu achten und auf unnötig viel Kochsalz und Zucker zu verzichten. Die Gesundheit der Nieren und seiner Patienten ist für Müller auch heute noch das oberste Gebot. Wehmütig geht er nun nach 27 Jahren in den Ruhestand. Seine Abschiedsvorlesung ist für den 19.06.2020 im Klinikum, Hörsaal 542, vorgesehen. n
Interview mit Prof. Müller, GT (1995)
Eigenes Wasserwerk der UMG
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