Birgitt Witter-Wirsam und Michael Wirsam

Im 135. + 1. Jahr des Unternehmens freuen sich Birgitt Witter-Wirsam, langjährige Inhaberin des Unternehmens, und Michael Wirsam, dass der „Stammhalter“ in der 5. Generation in die Leitung eintritt.

Text: Ulrich Drees | Fotos: HolzLand Hasselbach

Frau Witter-Wirsam, Ihnen ist für die Carl Hasselbach GmbH & Co. KG etwas gelungen, was sich viele Unternehmen wünschen: ein gut funktionierender Übergabeprozess. Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Zunächst einmal freue ich mich, dass sich mein Sohn Michael entschlossen hat, in die Leitung unseres Familienunternehmens einzutreten. Dass der Prozess für uns so erfolgreich verlief, ist aus meiner Sicht darauf zurückzuführen, dass sich die Gelegenheit für etwas ergab, das ich gern die „moderne Form der Unternehmensübergabe“ nenne.
Was meinen Sie damit?
Vor acht Jahren konnten wir in München ein insolventes Unternehmen der Holzbranche übernehmen. Damals fragte ich Michael, ob er dessen Geschäftsführung übernehmen wolle. Das Unternehmen erfolgreich wieder auf Kurs zu bringen, wäre genau die richtige Vorerfahrung, um in der Folge hier in Göttingen in die Leitung einzutreten. Ich war froh über die Gelegenheit, denn er war beruflich bereits gut aufgestellt, und es war sicher nicht klar, ob er bereit wäre, die Verantwortung für unser Familienunternehmen mal zu übernehmen.
Herr Wirsam, wie hat sich das für Sie dargestellt?
Als Sohn einer klassischen Unternehmerfamilie war ich natürlich von Kindesbeinen an eng mit dem Betrieb verbunden. Nach meinem Studium habe ich aber ganz bewusst erst einmal andernorts zu arbeiten begonnen. So konnte ich zuerst in der Logistik-Branche – und dann bei einem Start-up-Unternehmen im Bereich der E-Mobilität in Frankfurt – viele wichtige Erfahrungen sammeln. Alles war gut, die Bezahlung stimmte, und die Arbeit machte Spaß. Trotzdem war ich natürlich immer mit unserem Unternehmen und meiner Mutter im engen Austausch. Am Ende habe ich mich gern entschieden!
War es eine Herausforderung, einen insolventen Betrieb wieder auf Kurs zu bringen?
Das war natürlich spannend, zumal meine Mutter damals zwar das nötige Eigenkapital stellte, ich gegenüber der Bank jedoch von Beginn an in die Verantwortung ging. Der Standort des Unternehmens im Münchner Osten bot jedoch gute Bedingungen. Außerdem konnte ich nicht nur von der Erfahrung und Kompetenz meiner Mutter profitieren, sondern auch meine eigenen Kompetenzen – gerade im Bereich der Digitalisierung – erfolgreich einbringen. Hilfreich war auch, dass wir eine enge Zusammenarbeit der beiden Unternehmen etablieren konnten, beispielsweise beim Einkauf, der Buchhaltung und einem gemeinsamen Warenwirtschaftssystem. Das brachte auch den Vorteil, dass mich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Göttingen bereits kennenlernen konnten.
Frau Witter-Wirsam, wann kam dann der Punkt, an dem Sie Ihren Sohn fragten, ob er von München nach Göttingen wechseln möchte?
Nachdem Michael fünf Jahre lang gezeigt hatte, dass er die nötigen Fähigkeiten mitbrachte, war es wieder eine Frage des richtigen Zeitpunkts. Er hätte ja dauerhaft in München bleiben können. Als dann unser 135-jähriges Jubiläum bevorstand, fragte ich ihn vor zwei Jahren, ob er als Geschäftsführer nach Göttingen kommen wolle.
Herr Wirsam, fiel es Ihnen schwer, München zu verlassen?
Natürlich hat die Stadt eine Menge zu bieten. Deshalb habe ich mich erst einmal mit meiner Frau beraten. Zusammen haben wir uns aber für Göttingen entschieden, denn hier ließ sich nicht nur ein bezahlbares Haus finden, es ist auch sehr viel besser geeignet, um hier Kinder großzuziehen. Die Wege sind kürzer, die Netzwerke enger und verlässlicher. Da wir im letzten Jahr zum ersten Mal Eltern geworden sind, wissen wir es darüber hinaus sehr zu schätzen, dass nicht nur meine Eltern hier leben, sondern auch die Familie meiner Frau nicht allzu weit entfernt ist.
Wie gestaltet sich jetzt die tägliche Zusammenarbeit mit Ihrer Mutter?
Das funktioniert sehr gut. Gerade weil ich weiß, dass es in vielen Unternehmen sehr schwierig werden kann, wenn langjährige Firmenchefs die Verantwortung an die jüngere Generation abgeben sollen, freue ich mich wirklich darüber. Ich kann ganz ehrlich sagen, dass wir immer noch gern miteinander in den Ski-Urlaub fahren oder gemeinsam die Hunderunde mit einem kurzen Imbiss verbinden. Das ist im Verlauf eines solchen Prozesses sicher nicht alltäglich.
Frau Witter-Wirsam, Sie haben Ihr Unternehmen jetzt vier Jahrzehnte lang geleitet. Wie erleben Sie den Prozess?
Mir geht es ähnlich wie meinem Sohn. Ich freue mich, wie gut das funktioniert. Aus meinen verschiedenen Verbandstätigkeiten weiß ich, wie es ist, wenn ein klassischer „Patriarch“ nicht loslassen kann. Das geht mir anders, denn ich habe im Leben noch sehr viel vor und freue mich über jede Aufgabe, die Michael übernimmt.
In welchen Geschäftsbereichen sind Sie noch aktiv?
Aktuell kümmere ich mich um die Finanzen und den Einkauf für Gartenholz und Möbel, und stehe natürlich bei Bedarf noch als Ansprechpartnerin für langjährige Kunden zur Verfügung. Wir sind froh, auch die schwierigen Monate der Corona-Pandemie zufriedenstellend bewältigt zu haben, sodass das Unternehmen jetzt für die Zukunft gut aufgestellt ist.
Herr Wirsam, Sie beschäftigen 36 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Göttingen, 12 in München und weitere 9 in einer angeschlossenen Tischlerei – wie reagieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Wechsel in der Unternehmensleitung?
Auch hier läuft alles, wie gewünscht. Durch meine Zeit in München hatte ich, wie erwähnt, Gelegenheit, viele bereits kennenzulernen und noch wichtiger, das Vertrauen aufzubauen, dass ich der Unternehmensleitung absolut gewachsen bin. Das spüre ich im Kontakt zu unseren erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dem Unternehmen oft schon viele Jahre hindurch verbunden sind, ebenso wie bei den jüngeren Mitgliedern des Teams.
Es gibt durchweg eine große Offenheit und Bereitschaft, sich unseren zukünftigen Herausforderungen zu stellen.
Wie sehen die aus?
Wir müssen uns sicher mit dem Thema Online-Handel befassen, der in unserer Branche seinen eigenen Regeln folgt. Es gibt viele Beispiele dafür, dass Unternehmen daran scheiterten. Ebenso wichtig ist es, wie wir unsere Ausstellungskonzepte in Zukunft umsetzen wollen. Der Göttinger Markt ist schon sehr begrenzt. Da uns in Göttingen Industriefirmen fehlen, schauen wir auf das Handwerk und die private Kundschaft, die wir neben unseren Produkten auch noch stärker mit ausgereiften Dienstleistungen überzeugen wollen. Insgesamt sehe ich aber optimistisch in die Zukunft, weil wir durch unsere Größe sehr flexibel auf kommende Entwicklungen reagieren können. Auf uns wartet jedoch schon das nächste spannende Projekt: Vergangenes Jahr haben wir das angrenzende 21.000 m²-Grundstück – den ehemaligen Göttinger Schlachthof – erworben. Inzwischen konnten wir Mietinteressenten mit kleineren Flächenwünschen vormerken und sobald wir einen geeigneten, größeren Ankermieter finden, gehen wir in die konkrete Planung. Falls Interesse besteht – bitte bei uns melden.

Das „135 + 1“-jährige Jubiläum
Am 24. September feierten Birgitt Witter-Wirsam und Michael Wirsam die (weiter) über 135-jährige Tradition ihres Familienunternehmens, das Carl Steltzer 1885 als Göttinger Kohlen- und Baumaterialhandel in der Langen Geismarstraße gegründet hatte. 1906 erwarb dann Carl Hasselbach das Unternehmen und verlagerte es in die Jüdenstraße. 1945 stieg schließlich Walter Witter ins Unternehmen ein. Der Chef eines Säge- und Hobelwerks in Thüringen war nach dem Krieg enteignet worden. Nachdem er sein eigenes Familienunternehmen, das damals bereits auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken konnte, verloren hatte, fing er im Westen bei seinem ehemaligen Kunden Carl Hasselbach neu an. 1967 erwarb dann dessen Sohn Klaus Witter das Unternehmen komplett und verlagerte den Betrieb aus der Göttinger Innenstadt in den Rosdorfer Rischenweg. 1989 übernahm dann Klaus Witters Tochter Birgitt Witter-Wirsam das Unternehmen, die sich nach 42 Jahren am Standort im Rischenweg für weiteres Wachstum entschied, woraufhin sie 2009 den Umzug auf ein 25.000 m² großes Grundstück am Ortseingang von Rosdorf umsetzte, das heute den Unternehmensstandort beherbergt.

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