Kaf­fee ist für vie­le Men­schen ein wich­ti­ger Bestand­teil ihrer Lebens­qua­li­tät, Genuss­mit­tel und Lebens­ret­ter zugleich. Für die­sen Bei­trag in unse­rer Rei­he für Genie­ßer konn­ten wir mit Hel­ge Koch aus dem DT-Bis­tro einen der ver­sier­tes­ten Baris­ti Göt­tin­gens als Autor gewin­nen.

Text: Hel­ge Koch | Fotos: iStock, Her­stel­ler, pri­vat

Kaf­fee beglei­tet das ers­te Date, ist Grund­bau­stein vom Früh­stücks­tisch bis zum din­ner table und ver­süßt uns die Pau­sen von der Arbeit. Dabei lie­gen die Tage des bit­te­ren, alten Fil­ter­ma­schi­nen­ge­bräus glück­li­cher­wei­se lan­ge hin­ter uns. Ganz zeit­ge­mäß wid­men wir unser Inter­es­se bei­spiels­wei­se den ver­schie­de­nen Ara­bica-Sor­ten oder viel­leicht einer Ern­te der Cane­pho­ra-Unter­art Robus­ta und der Fra­ge, wann sich ihre über 800 ver­schie­de­nen Aro­men in Rös­tun­gen vor den Second Crack per­fekt ent­fal­ten. Eine gute Tas­se Kaf­fee braucht dazu jedoch nicht unbe­dingt eine Pro­fi-Sieb­trä­ger­ma­schi­ne. Ein­fa­che, güns­ti­ge Gad­gets und gekonnt gerös­te­te Boh­nen füh­ren eben­so gera­de­wegs zum beson­de­ren Kaf­fee­ge­nuss.

Rös­ten in Göt­tin­gen
Rund um Göt­tin­gen ver­ar­bei­ten eini­ge klei­ne Rös­te­rei­en beson­de­re Sor­ten, Ern­ten und Waschun­gen zu ech­ten Deli­ka­tes­sen. Bei die­sen Kaf­fee­er­zeu­gern gehen sorg­fäl­ti­ge und nach­hal­ti­ge Bio­pro­duk­ti­on mit erle­se­nem Geschmack Hand in Hand, und auch öko­lo­gi­sche Ver­träg­lich­keit und fai­rer Han­del sind den meis­ten regio­na­len Rös­tern ein ech­tes Anlie­gen.
Unter dem Label „Kost­ba­res Süd­nie­der­sach­sen“ fin­det man z.B. in eini­gen Rewe- und Ede­ka-Märk­ten Kaf­fee­sor­ten von Kaf­fee­li­no, die in Fre­dels­loh im Sol­ling gerös­tet wer­den. Eben­dort, wo inter­es­san­te Pro­jekt­kaf­fees ver­edelt wer­den, kann man selbst an Ver­kos­tun­gen und Semi­na­ren zum Con­nais­seur wer­den. Mit einem Teil der Erlö­se wer­den dort außer­dem Pro­jek­te von Frau­en­ko­ope­ra­ti­ven und Kran­ken­häu­ser in Mit­tel- und Süd­ame­ri­ka unter­stützt.

In Wit­zen­hau­sen fin­det sich wie­der­um der Ver­ein Auf­wind, der sich mit der Rös­tung und dem Ver­kauf von Kaf­fee um die Inklu­si­on und För­de­rung von Men­schen mit see­li­schen Erkran­kun­gen und Behin­de­run­gen küm­mert. Die Kaf­fees von RÖST­werk loh­nen einen Aus­flug nach Nord­hes­sen und sind teil­wei­se sogar bio­zer­ti­fi­ziert.
Nicht zuletzt sind den meis­ten Süd­nie­der­sach­sen Con­ti­go und die Göt­tin­ger Nobel­boh­ne als Bio- und Fair­trade­mar­ken längst ein Begriff, und auch Ken­ner erkun­den gern die gesam­te Band­brei­te die­ser Rös­te­rei. Die von Fair­trade Labe­l­ing Orga­ni­sa­ti­ons lizen­sier­ten Kaf­fees stam­men von Plan­ta­gen, die kei­ne Urwald­bäu­me roden, son­dern deren Schat­ten nach­hal­tig für die Kul­ti­vie­rung der Kaf­fee­sträu­cher nut­zen.

Die Grund­la­gen
Waa­ge, Uhr und Kaf­fee­müh­le sind die Werk­zeu­ge, die der Baris­ta für jede Zube­rei­tungs­me­tho­de nutzt, denn mit ihrer Hil­fe las­sen sich jeder­zeit das gewünsch­te Mischungs­ver­hält­nis und der Mahl­grad gewähr­leis­ten.
Die Grund­re­gel für die Brüh­zeit lau­tet: Län­ge­re Extrak­ti­on führt zu stär­ke­ren Bit­ter­no­ten, und bei kür­ze­rer Brü­hung gelan­gen Säu­ren in den Vor­der­grund. Weni­ger fein gemah­le­ne Kaf­fee­boh­nen geben ihre Aro­men schnel­ler ab als grö­ße­re Men­gen mit einem grö­be­ren Mahl­grad. Gute Kaf­fee­boh­nen möch­ten außer­dem nicht mit spru­delnd kochen­dem Was­ser gequält wer­den, denn dabei ver­bren­nen die deli­ka­ten Aro­men beson­ders fei­ner Sor­ten. Die Balan­ce zwi­schen dem her­ben Geschmack und fruch­ti­ger Säu­re macht dabei stets den guten Geschmack aus.

French Press
Weit ver­brei­tet, ein­fach und prak­tisch in der Anwen­dung ist die French Press. Sie kommt ohne Fil­ter­pa­pier aus, und es gibt sie in jeder denk­ba­ren Grö­ße in ver­schie­de­nen Designs. Für 4 Tas­sen kom­men z.B. 30 bis 35 g grob gemah­le­nen äthio­pi­schen Ara­bica aus Oro­mia direkt in die Kan­ne. Mit einem Teil von 500 ml hei­ßen Was­sers wird das Kaf­fee­mehl benetzt und umge­rührt. Nach 20 Sekun­den hat das Mahl­gut sein CO2 abge­ge­ben und ist bereit für das rest­li­che Was­ser. In der Zieh­zeit von 2,5 bis 3,5 Minu­ten wird ein­mal mit einem Holz­löf­fel gerührt und dann der Fil­ter­stem­pel gedrückt. Hier zeigt sich die Qua­li­tät einer Kaf­fee­müh­le dar­an, dass sie eine mög­lichst gerin­ge Men­ge des fei­nen Stau­bes in der Mah­lung durch das Stem­pel­sieb drin­gen lässt, denn die­ser kann ein pel­zi­ges Mund­ge­fühl ver­ur­sa­chen.

Pour over
Das gro­ße Kaf­fee­the­ma zur­zeit heißt „Pour over“. Beson­de­re Aus­ge­wo­gen­heit und Kom­ple­xi­tät im Geschmack erreicht man mit ver­schie­de­nen Hand­fil­tern, Che­m­ex-Kan­ne oder Fla­nell-Fil­ter. Zuerst wird im Ver­hält­nis 16:1 mit Was­ser zwi­schen 80°C und 95°C und edlen Kaf­fee­sor­ten vor­ge­brüht und dann für 2-3 Minu­ten wei­ter extra­hiert. Selbst hart­ge­sot­te­ne Zucker­be­nut­zer über­zeugt ein so gefil­ter­ter India Mala­bar Mon­so­on mit sei­ner natür­li­chen Süße und sei­nen Scho­ko­la­den­no­ten, die durch eine Nach­fer­men­ta­ti­on noch vor der Rös­tung her­aus­ge­kit­zelt wer­den.

À la Viet­nam
Mit der viet­na­me­si­schen Ca Phe Phin brüht man ein­zel­ne Tas­sen Robus­ta Kaf­fee aus Viet­nam oder Bra­si­li­en auf. Auf 20 g rela­tiv grob gemah­le­nen Kaf­fee gießt man zunächst 20 ml hei­ßes Was­ser, lässt ihn 30 s quel­len und füllt den Fil­ter mit wei­te­ren 50 ml. Her­aus kommt ein star­ker Kaf­fee mit extrem viel Kör­per und herb­sü­ßem Grund­ge­schmack. Beson­ders lecker ist ein Eis­kaf­fee, den man mit die­ser Metho­de in ein Glas mit Eis­wür­feln und 2 Ess­löf­feln gesüß­ter Kon­dens­milch fil­tert. Es lohnt sich, eine asia­ti­sche Rari­tät, die Ele­fan­ten­boh­ne „Mar­ago­gy­pe“ zu pro­bie­ren. Die­se Boh­nen rei­fen in ihren Kir­schen zu beson­ders säu­re­ar­men Rie­sen her­an und kom­men in recht hel­len Rös­tun­gen zu uns.

Mit Luft
Der Exot unter den Kaf­fee­gad­gets ist die erstaun­lich viel­sei­ti­ge Aero­Press. Die­ses güns­ti­ge Erzeug­nis eines Fris­bee-Her­stel­lers hat es mitt­ler­wei­le zum Haupt­dar­stel­ler eige­ner Welt­meis­ter­schaf­ten gebracht. Mit ein wenig Übung gelin­gen damit sowohl Pour-over-Kaf­fee als auch Espres­so-Styl­es. Eines der WM-Gewin­ner­re­zep­te basiert auf 28 g fil­ter­fein gemah­le­nen Ara­bicas aus Cos­ta Rica, der mit 50 ml Was­ser bei 80°C für 10 s gerührt wird. Dann wird mit 120 ml Was­ser auf­ge­füllt und das Gan­ze für 2.30 min zie­hen gelas­sen, bevor der Kaf­fee 30 s lang durch­ge­presst und noch ein­mal mit 30 ml Was­ser ergänzt wird. Zusam­men ergab das eine Gold­me­dail­le.

Baris­ta-Leben
Wer auf die eine oder ande­re Wei­se einen Blick in die wei­te Welt des Kaf­fees wer­fen konn­te, lernt die Arbeit der Baris­ti zu schät­zen, die in den Lieb­lings-Cafés um die Ecke täg­lich viel Zeit und Mühe in die Pfle­ge ihrer Maschi­nen und die Zube­rei­tung jeder ein­zel­nen Tas­se inves­tie­ren. Wer weiß, viel­leicht lohnt sich ein Gespräch, und einer die­ser Kaf­fee-Ken­ner ver­rät sein per­sön­li­ches Rezept für einen Espres­so Mar­ti­ni, damit am Ende des Tages ein Kaf­fee­cock­tail lockt!

Kaf­fee als Cock­tail
Für einen Cock­tail eig­net sich beson­ders gut ein indi­scher Robus­ta aus Kera­la von Con­ti­go. Den Kaf­fee soll­te man mit der Ca Phe Phin auf Eis in einen Cock­tail­s­ha­ker fil­tern und um 4 cl Wod­ka, 2 cl Kal­u­ha und einen kräf­ti­gen Sprit­zer Rohr­zu­cker­si­rup ergän­zen. Die Mischung sehr kalt geschüt­telt und in ein gekühl­tes Mar­ti­ni­glas gege­ben, ent­wi­ckelt eine wun­der­bar fes­te, aro­ma­ti­sche Cre­ma, auf der sogar gan­ze Kaf­fee­boh­nen als Deko und zum Knab­bern lie­gen blei­ben.